«Wenn wir nur diesen (behinderten) Menschen Podcasts anbieten, würden wir diese bevorzugen und andere würden wegen Benachteiligung reklamieren»: Michael Schaepman. Wikimedia Commons

Behindertenverbände und VSUZH kritisieren Rektor

In der letzten Ausgabe der ZS sprach Michael Schaepman über Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderung. Man dürfe auch keinen «Vorteilsausgleich» sprechen. Darauf folgten heftige Reaktionen.

1. November 2023

Nachdem der Uni-Rektor Michael Schaepman im Interview mit der ZS (Ausgabe 4/23) über Nachteilsausgleiche und das Studium mit Behinderung gesprochen hatte, erntete er harsche Kritik von Seiten der Behindertenkonferenz des Kanton Zürich, des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbands (SBV) und des VSUZH. Die Organisationen werfen ihm vor, die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung kleinzureden respektive zu ignorieren.

So sagte er etwa im Interview: «Wenn wir nur diesen (behinderten) Menschen Podcasts anbieten, würden wir diese bevorzugen und andere würden wegen Benachteiligung reklamieren». Roland Studer, Präsident des SBV, verweist in seiner Antwort darauf, wie wichtig Podcasts für Menschen mit Behinderung sind. «Eine sehbehinderte Person kann so an ihrem Grossbildschirm zu Hause den Slides folgen, was in der Vorlesung nicht möglich ist», schreibt Studer. Zudem erwähnt er die UNO-Behindertenrechtskonvention (BRK), nach der alle Menschen mit Behinderung ein Anrecht auf autonomen Zugang zur Bildung haben. Diese ist, nachdem sie die Schweiz ratifiziert hat, 2014 in Kraft getreten.

VSUZH spricht von Ableismus

Nachteilsausgleiche sind eine notwendige individuelle Anpassung der Prüfungsbedingungen für Menschen mit Behinderung. Damit versucht die Uni die Vorgaben der BRK umzusetzen. Die Fakultäten entscheiden autonom, wer einen Nachteilsausgleich erhält. Im letzten Semester hat die ZS über mehrere verspätete oder abgelehnte Nachteilsausgleiche an der Philosophischen Fakultät berichtet, unter anderem aufgrund fehlender Ressourcen. Zudem hatten sich Institute der Philosophischen und Medizinischen Fakultät dazu entschieden, Podcasts und Livestreams, die seit der Pandemie angeboten wurden, wieder abzuschaffen.

Auch der VSUZH hat zu den Aussagen des Rektors Stellung bezogen: «Gemäss dem geltenden Gesetz sind Sie als Rektor der Universität Zürich dafür verantwortlich, die Gleichstellung für Studierende mit Behinderungen sicherzustellen.» Zudem macht der Studierendenverband den Rektor darauf aufmerksam, welche grossen Herausforderungen Studierende mit Behinderung derzeit im Studienalltag bewältigen müssen. Oft seien diese mit der physischen Präsenz verbunden, die von der Uni verlangt wird. Weiter schreibt der VSUZH: «Mit Ihren ableistischen Äusserungen und den nicht-­
barrierefreien Prozessen an der Uni fördern Sie nicht nur die Diskriminierung von Studierenden mit Behinderung, sondern stellen ihre Präsenz an der Hochschule grundsätzlich in Frage.» Die ZS hat die Uni um eine Stellungnahme zum offenen Brief des VSUZH gebeten. Die Medienstelle wollte sich jedoch bis Redaktionsschluss nicht dazu äussern, zuerst werde man dem Studierendenverband antworten.