Jubiläum

100 Jahre ZS,
100 Jahre Zeitgeschichte

Dass eine studentische Organisation ein ganzes Jahrhundert überlebt, ist keine Selbstverständlichkeit. Erst recht nicht, wenn es sich bei dieser Organisation um eine Zeitung handelt. Medien kommen, verändern sich und gehen wieder. Die ZS aber, sie ist geblieben. 

Dabei war ihr langes Bestehen keineswegs vorherzusehen; immer wieder sollte sie eingestampft werden oder stand sie vor dem finanziellen Ruin. Aber irgendwie hat sie sich immer wieder aufgerappelt, hat sich neu organisiert und von vorn begonnen.

Die bewegte Geschichte der «Zürcher Studierendenzeitung» ist anlässlich ihres hundertjährigen Bestehens zum ersten Mal umfassend aufgearbeitet worden. Die nachfolgenden Stationen lassen sich gleichermassen als Inhaltsverzeichnis zum Buch «100 Jahre Zoff. Die Geschichte der Zürcher Studierendenzeitung» lesen. Die Zusammenfassungen wurden angereichert mit Texten, die die ZS über sich selbst geschrieben hat. 

Mehr Informationen zu dem Buch gibt es hier.

Studierende der Universität Zürich lesen am 30. Juni 1980 den «Zürcher Studenten». Gertrud Vogler (Sozialarchiv Zürich/Signatur: Sozarch_F_5107-Na-10-018-013)
1923 Es geht los

Studenten gründen eine Zeitung

Ende Februar erscheint erstmals der Zürcher Student. Erste Redaktoren sind Hermann Witzthum und Max Paul Schreiber. Zu Beginn ist der ZS als Mitteilungsorgan der SUZ, der Studentenschaft der Universität Zürich, konzipiert.

1924 Eine Frau ergreift das Wort

Erste und für lange Zeit einzige Redaktorin

Gut anderthalb Jahre nach seiner Gründung nimmt der ZS die erste Frau in seine Redaktion auf. Klara Stucki arbeitet von Oktober 1924 bis April 1925 für die Zeitung. Danach dauert es genau zwanzig Jahre, bis mit Ursula Hungerbühler die nächste Frau Redaktionsmitglied des ZS wird.

1928 Erster Krach

«Käsblatt» ZS soll abgeschafft werden

Die von Mitgliedern des Grossen Studentenrats wegen mangelnder Qualität geforderte Auflösung des ZS scheitert an einem Verfahrensfehler – es ist der erste von vielen Beinahe-Toden der Zeitung in den nächsten Jahrzehnten.

1929 Ende der Zwischenkriegszeit

Die Rechtsradikalen übernehmen

Mit Hans Vonwyl wird ein Frontist Redaktor. Unter seinem Nachfolger Robert Tobler wird der ZS zu einem Blatt mit rechtsradikalen Inhalten.

2018 Historische Reportage
zs-online.ch, 23. September 2018

Die Zürcher Faschisten

In den Dreissigern sassen in der Redaktion des «Zürcher Student» Faschisten. Die Aufarbeitung einer dunklen Vergangenheit.

zs-online.ch, 23. September 2018

Die Zürcher Faschisten

«Erst wenn wir es fertig gebracht haben, unser Land von all diesen ausländischen Parasiten zu reinigen, sind wir wieder würdig, ein freies Land zu heissen.» Rassistische Parolen, nationalsozialistische Propaganda. In den Dreissigern in der ZS. Der «Zürcher Student», der Vorgänger der «Zürcher Studierendenzeitung», war nationalistisch geprägt, ein Teil der damaligen Redaktoren war von faschistischen Ideen inspiriert, die Inhalte der Texte wiesen Gemeinsamkeiten mit dem Gedankengut des Dritten Reiches auf. Stolz darauf ist man gegenwärtig nicht, gerne würde man es unter den Teppich kehren können. Trotzdem gehört es nun mal zur Geschichte der ZS. Nur durch die Auseinandersetzung damit kann man sich heute klar davon distanzieren.

Braune Spuren

Der «Zürcher Student» spielte insbesondere eine Rolle für die beiden wichtigsten Kräfte in der Schweizer Frontenbewegung, die sich im Schatten des Nationalsozialismus im Deutschen Reich und des Faschismus in Italien entwickelt hatten. In den frühen 1930er-Jahren blühen in den Nachbarländern faschistische Ideen auf, und ihre Verfechter kommen innert kürzester Zeit an die Macht. Auch in der Schweiz werden Stimmen laut, die eine «nationale Erneuerung» anstreben. Von diesen Zeitströmungen beeinflusst und von der völkischen Weltanschauung begeistert, beginnen sich auch Studierende an der Universität Zürich in zwei frontistischen Hochschulgruppen zu organisieren. Deren Begründer, Robert Tobler und Hans Vonwyl, hinterliessen auch Spuren beim «Zürcher Student». Braune Spuren.

Frontistischer ZS

Hans Vonwyl gründete 1930 die frontistische Bewegung «Nationale Front», Robert Tobler rief im selben Jahr die nicht minder einflussreiche faschistische «Neue Front» ins Leben. Zu dieser Zeit war Vonwyl bereits seit einem Jahr verantwortlicher «Schriftleiter» beim «Zürcher Student», Robert Tobler löste ihn 1931 ab. Pikant: Der Grosse Studentenrat berief damals die Redaktoren des «Zürcher Student». Deshalb ist anzunehmen, dass auch im Studentenrat viele Sympathisanten der Frontenbewegung sassen, die Toblers und Vonwyls Ansichten teilten. Die frontistischen Redaktoren prägten die politische Haltung der Zeitung für den Zeitraum, in dem sie Artikel schrieben und überarbeiteten, sie beeinflussten massgeblich die Auswahl der Texte und instrumentalisierten die Zeitung für ihre Zwecke.

Unter ihrer Feder entstanden viele Texte zu politischen Themen, sie liessen ihre politische Haltung und Ansichten in ihre Redaktion und Texte einfliessen. Andere spätere Frontisten wie Werner Niederer oder Eduard Rüegsegger gehörten zu ihrem treuen Stamm von Gesinnungsgenossen und Schreiberlingen. Doch Vonwyl und Tobler ermöglichten erst die Veröffentlichung der Texte. Doch nicht nur das, sie zensurierten auch kritische Stimmen. Und wenn sie solche trotzdem ausnahmsweise zuliessen, zerrissen sie sie mithilfe von Begleitkommentaren.

Insbesondere unter Toblers Leitung eroberte die Bewegung «Neue Front» eine Schlüsselposition im «Zürcher Student». Sie drückte der Zeitung ihren Stempel auf. Eine bessere Gelegenheit, die akademische Jugend anzusprechen, bot sich nämlich kaum. Die Bewegung fand durch die Redaktionsleitung Toblers einen kostenlosen Weg, Aufsätze ihrer Anhänger zu veröffentlichen.

Die Kriegserklärung

Mit einer «Kriegserklärung an die grosse Mehrheit», seinem ersten Leitartikel, griff Hans Vonwyl die Studierenden bereits massiv an und warf ihnen Gleichgültigkeit und Passivität vor. Vonwyl wollte die Studierenden aufrütteln: «Ich, der neue Redaktor, erkläre sämtlichen Hundertschaften der Schlafmützen, der Gleichgültigen, der Zuvornehmen, der Pessimisten, der Besserwisser und Besserkönner den Krieg! Bekehrung oder Kampf bis aufs Messer!» Es fehlten, so Vonwyl, das Engagement, die Verbundenheit und Kameradschaft untereinander. Die Sprache des «Zürcher Student» wird sich in den nächsten Ausgaben verschärfen, sie wird hitziger und salopper. Gemeinschaft ist ein wiederkehrendes Thema.

Später folgten Attacken gegen Ausländer, Juden, politische Parteien von den Kommunisten bis zum Freisinn und Lobgesänge auf faschistisches

Gedankengut.

Kämpfen für die Einheit

Fanatisch schrieb ein Verfasser namens E.R. in der Juni-Ausgabe von 1930: «Das aber ist es gerade, was wir Jungen wollen: Kämpfen um eine starke Einheit, eine Lebens- und Schicksalsgemeinschaft aller Gesunden und Starken». Für Schwache sei kein Platz mehr auf dieser Welt. Diese sozialdarwinistische Einteilung der Gesellschaft in Starke und Schwache war eindeutig von der Rassenkampf-Ideologie der Nachbarländer Italien und Deutschland abgekupfert.

«Neues Führertum»

Allgemein findet sich in den Texten der frontistischen Verfasser eine grosse Abneigung gegen Ausländer, insbesondere gegen die «Überfremdung» der Universität durch ausländische Dozenten. Sie wurden mit «Schädlingen» gleichgesetzt. Ihre Absetzung wurde gefordert.

Ganz dem Theoriebuch des Faschismus entsprechend wurde das Führerprinzip propagiert. Zum Beispiel im Dezember-Heft 1930: Die Ideale der französischen Revolution leben zu wollen, sei ein Zeichen der Gestrigkeit, «viel näher bei der wirklichen Freiheit» dagegen seien das «opferfreudige Dienen an einer Idee oder für einen Führer». Der Verfasser schrieb auch, wer massgebliches Vorbild sein sollte: «Auf welche Art das in heutiger Zeit zu geschehen hat, dazu weist uns Mussolini den Weg». Unter Tobler erschien im Juni 1931 eine Sondernummer. Stellvertretend für die gesamte Redaktion bekannte sich Hans Schweizer zu der «stark vom Nationalen her getragenen neuen geistigen Haltung, dieser neuen Front der Jungen». Im Artikel «Führung und Gemeinschaft» wurde hervorgehoben, die demokratische Ordnung führe zum Krieg aller gegen alle und nur ein «neues Führertum» würde die Nation nach dem Modell des italienischen Faschismus wieder einen.

Keine Demokratie für alle

Überhaupt wird Demokratie in Frage gestellt oder abgelehnt. Anfang 1932 fragte sich Ernst Wolfer, ob dieses politische System noch zeitgemäss, das Stimmrecht noch gerechtfertigt sei. Wolfer behauptete, die meisten stimmberechtigten Bürger seien «intellektuell unter dem Durchschnitt begabt», die Gefahr bestehe, dass der Bürger aus einer Laune heraus oder aus Sympathie zu einer politischen Gruppierung ein irrationales Urteil fälle. Die Vorlagen der Abstimmungen seien für einen Grossteil zu kompliziert. Deshalb war für Wolfer die Demokratie in ihrer damaligen Form nicht mehr tragbar, das Stimmrecht müsse um ihrer Rettung willen beschränkt werden. Nur dem «Würdigen» soll das Stimmrecht zuerkannt werden: Zum Beispiel könne man es von der Absolvierung des Militärdienstes oder von einer staatsbürgerlichen Erziehung abhängig machen. Der «Zürcher Student» stand ein für die individuelle Beschränkung der Volksrechte, während ein starker Führer mit möglichst grossen Kompetenzen ausgestattet werden solle. Irrational und ideologisch fehlgeleitet machte die Zeitung sich für eine Entwicklung stark, die in den Nachbarländern zu fatalen Folgen führte.

Die Kehrtwende

Lange erregte Toblers Leitung des «Zürcher Student» anscheinend weitaus mehr Beifall, stillschweigende Billigung oder Duldung als Widerstand. Zwar organisierte sich 1933 ein Gegenpol in der Zürcher Studentenschaft, der «Kampfbund gegen geistigen Terror», in dem sich Studierende aus allen politischen Richtungen vereinten. Viel gegen Tobler auszurichten vermochten sie aber nicht. Im selben Jahr schlossen sich nämlich die «Neue Front» und die «Nationale Front» zusammen, Tobler wurde der Führer der Zürcher Sektion und später sogar – als einziger Frontist – in den Nationalrat gewählt. Sein politisches Engagement forderte seine gesamten Kräfte und führte dazu, dass er sein Amt als Redaktor beim «Zürcher Student» 1933 abgab. Sein Nachfolger Max Eisenring erwies sich als Glücksfall, denn in seinen Händen wird die Zeitung neutraler ausgerichtet. Sie vollzieht in den folgenden Jahren eine Abkehr von ihrer dunklen Vergangenheit.

1932 Wichtiges Debüt

Max Frisch wird ZS-Autor

Mit dem im ZS veröffentlichten Text «Was bin ich?» beginnt das öffentliche literarische Schaffen von Max Frisch.

1936 Geistige Landesverteidigung

Der ZS wird wieder liberaler

In der Mai-Ausgabe des wieder gemässigteren ZS erscheint erstmals der Begriff «geistige Landesverteidigung». Ein Sonderumschlag mit grossem Schweizerkreuz verweist auf die Tonlage der Zeitung, die diese bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs anstimmen wird.

1948 Nobelpreisträger

Sogar Thomas Mann liest den ZS

Thomas Mann schreibt einen Leserbrief an den ZS und lobt die humorvollen Texte – auch wenn diese manchmal ins «Bierfidele abgleiten».

1959 Expansionspläne

Zürich und St. Galler spannen zusammen

Durch eine kurzlebige Kooperation mit der verfassten Studierendenschaft der Universität St. Gallen erscheint der ZS einige Ausgaben lang als Zürcher St. Galler Student.

1967 Literarisches Debüt

Hermann Burger macht Eigenwerbung im ZS

Der Student Hermann Burger skizziert in einem Beitrag im ZS ein literarisches Programm, das er später als Schriftsteller umsetzen wird. Er wird zu den exzentrischsten Figuren des Literaturbetriebs gehören.

2016 Essay über Hermann Burger
zs-online.ch, 15. November 2016

«Mein Name sei Frischknecht»

Aus dem Nachlass des ehemaligen Mitarbeiters der Zürcher Studierendenzeitung Hermann Burger ist kürzlich dessen erster Roman Lokalbericht erschienen. Überdies wird das Schaffen des Tausendsassas mit zwei Ausstellungen in Aarau gewürdigt.

zs-online.ch, 15. November 2016

«Mein Name sei Frischknecht»

Hermann Burger war ein Meister des Morbiden, Cigarrenaficionado und Artistikconnaisseur. Seine Romane und Erzählungen sind gleichermassen grotesk wie grössenwahnsinnig und ebenso brillant wie düster. Bemerkenswert ist aber vor allem die Art und Weise, wie Burger zeitlebens das Schreiben selbst beschrieb. Bereits 1967, also noch vor seiner ersten Prosa-Publikation, veröffentlichte der damalige Germanistikstudent einen Aufsatz in der ZS (die seinerzeit noch «Zürcher Student» hiess), der die Schwierigkeit des Schreibens angesichts der Weltliteratur zum Thema hatte. Dieser Essay kann rückblickend als programmatisch für das spätere Werk des Aargauers gelesen werden. Die Tatsache, dass alles schon gesagt ist und dass sogar schon gesagt ist, dass alles bereits gesagt ist, prägte sein Schaffen erheblich. Und zwischen Emanzipation und Verarbeitung von literarischer Tradition steht denn auch sein erster Roman, den Burger mit 28 Jahren begann, aber nie zu Ende schrieb.

Über das Schreiben schreiben

Wie früh Burger seine Thematik gefunden und mit welcher Konsequenz er sie immer wieder bearbeitet hat, macht die Publikation des Lokalberichts in aussergewöhnlicher Weise anschaulich. Der Protagonist des unvollendet und unveröffentlicht gebliebenen Romans protokolliert zu Beginn: «Mein Name sei Frischknecht.» Ebenso gut hätte Burger ihn aber auch etwa «Kellerknecht» taufen können, wie der Literaturhistoriker Peter Utz von der Uni Lausanne meint. Denn das Lokale im Lokalbericht ist eine Darstellung der Stadt Aarau, die Utz in deutlicher Anlehnung an Gottfried Kellers Seldwyla sieht. Aber die Kleinstadt (die für Burger im Übrigen durchaus mondänen Charakter hatte) ist nicht von vornherein Aarau: Frischknecht muss den Ort erst taufen, also die (literarische) Welt, in die er sich – gleich wie der Romancier Burger – mit seinem Schreiben bringen will, selbst erst begreifen. Und das tut er eben mit den Referenzen an das Kellersche Seldwyla.

Ist diese Welt der literarischen Vorväter erst einmal umrissen und der Roman des Doktoranden Frischknecht, dessen Vorname nicht zufällig Günter ist, in vollem Gang, wird sie, diesmal mit Grass' Blechtrommel, gleich wieder dekonstruiert, nämlich zersungen. Dazu steigt Frischknecht auf eines der ersten Hochhäuser Aaraus und bringt mit seiner Stimme in der Manier Oskar Mazeraths alles umliegende Glas zum Bersten. (Bezeichnenderweise beginnt dieses Gesangsmassaker bei der Stadtbibliothek, wo natürlich auch Burgers literarische Vorlagen lagern.) Am Ende dieser Singspielepisode, der nebst dem Lehrerinnenseminar auch der Kronleuchter im städtischen Theater zum Opfer fällt, bleibt nur noch Frischknecht auf seinem Hochhaus übrig, das er vorsichtshalber stehen lässt und via Fahrstuhl verlässt.

Und was tut der werdende Schriftsteller, nun da er sich über die Tradition bewusst geworden ist und sich von ihr emanzipiert hat? Er erzählt seinen Roman nach dem Muster der Geschichte des hohlen Zahns, in dem sich ein Briefkasten befand, in dem ein Brieflein war, auf dem geschrieben stand, es war einmal ein hohler Zahn. Mit viel Sarkasmus und Dutzenden weiteren Verweisen auf diverse Klassiker gelingt Hermann Burger mit dieser Technik ein Roman über einen Roman, an dessen Ende ein Literaturkritiker dem Schriftsteller Frischknecht rät, ebendiesen Roman nicht zu schreiben.

46 Jahre verschollen

Dass Burger seinen Roman dennoch geschrieben hast, ist evident. Publiziert wurde er aber vor allem deswegen nicht, weil der Student Burger derart mit seinem Lizentiat beschäftigt war, dass er keine Zeit fand, den Text zu Ende zu schreiben. Dass der Text jetzt, 46 Jahre später, endlich greifbar ist, ist das Verdienst von Simon Zumsteg, der vor zwei Jahren bereits die Burger-Werkausgabe bei Nagel & Kimche besorgt hatte. Dass es es so lange gedauert hat, ist auf zwei Gründe zurückzuführen. Erstens verlor sich das öffentliche Interesse an Hermann Burgers Werk nach dessen Selbstmord 1989 sehr schnell: «Burger hat sich, etwa im Unterschied zu Frisch und Dürrenmatt von vornherein an einen kleineren Leserkreis gewandt», erklärt Mitherausgeber Zumsteg. Und zweitens war die Erarbeitung der jetzt vorliegenden Lesefassung keine leichte Aufgabe. Es existieren unzählige Vorstufen, Umschriften und Bearbeitungen der einzelnen Textteile, deren Entstehung und Beziehungen untereinander allesamt in einer digitalen textgenetischen Edition nachvollzogen werden können. «Die wissenschaftliche Redlichkeit verlangte, dass der unveröffentlichte Lokalbericht nicht einfach dem bereits Publizierten einverleibt wurde», so Zumsteg weiter.

So ist dieser «köstliche» Text, wie ihn Simon Zumsteg kommentiert, von Burger jetzt sowohl für die Wissenschaft als auch das interessierte Lesepublikum greifbar. Ausserdem zeigen das Stadtmuseum und das Forum Schlossplatz in Aarau gleich zwei Ausstellungen, die weitere Einblicke in Burgers Leben und Werk erlauben. Und damit nicht genug: Der Burgersche Nachlass im Schweizerischen Literaturarchiv umfasst rund 250 Schachteln Material, in denen bestimmt das Eine oder Andere noch gefunden werden wird. Denn, so Zumsteg, «das mit Burgers Vergessenheit ist noch nicht gegessen». Wir hoffen es.

1968 Politische Querelen

Rechtsrutsch an der Uni, stabiler VSETH

Der Grosse Studentenrat rutscht nach rechts, ZS-Redaktor Georg Kohler wird wegen «Kommunismusverdachts» abgesetzt und vom VSETH postwendend wieder eingesetzt.

1972 Neue Publikation

ZS gründet Vorläuferin der WoZ

das konzept wird aus der Taufe gehoben. Monatlich berichten Autorinnen und Autoren des ZS über politische Ereignisse, bald wird aber separates Personal angeworben, das exklusiv für das konzept arbeitet.

1978 Ende der SUZ

Gilgen löst die Studierendenschaft auf

Die verfasste Studierendenschaft der Universität Zürich (SUZ) wird nach langen Querelen zwischen linken und rechten Studierenden auf Betreiben des Regierungsrats unter Erziehungsdirektor Alfred Gilgen aufgelöst. Als Begründung steht die angeblich mangelnde rechtliche Grundlage für die sogenannte «Zwangmitgliedschaft».

1980 ZS und «Bewegig»

Zürich fängt Feuer – der ZS ist dabei

Der ZS kritisiert in seiner Ausgabe vom 16. Juni unter dem Titel «Neun Minuten» das vom «heissen Machtliebhaber» Alfred Gilgen ausgesprochene Verbot des Dokumentarfilms «Züri brännt» über die Opernhauskrawalle scharf.

2015 35 Jahre später
zs-online.ch, 23. Februar 2015

Kalten Arsches

Wie die ZS über die Jugendbewegung von 1980 berichtete.

zs-online.ch, 23. Februar 2015

Kalten Arsches

Neun Minuten. Nur neun kurze Minuten versetzten 1980 die Universität in Aufruhr. Sie führten zu einem der grössten Skandale der Zürcher Hochschule. Denn neun Minuten dauerte der Film, der den sogenannten Opernhaus-Krawall vom 30. Mai 1980 dokumentierte. Dieser Film beschäftigte auch die Macher des «Zürcher Studenten», wie die ZS damals hiess.

Und so hat alles begonnen: Zürcher Ethnologie-Studierende hatten im Rahmen eines Uni-Projekts die Ausschreitungen dokumentiert. Die Reaktion kam prompt: Am 6. Juni verbot der damalige Bildungsdirektor Alfred Gilgen (siehe Überblick und Interview) das kurze Filmchen.

Reportage aus dem besetzen Haus

Der Aufschrei im «Zürcher Student» war gross. Vom «Ethno-Skandal» und einem «heissen Sommer» war die Rede. Vor den Protesten war die Berichterstattung noch etwas spröder, wie beispielsweise eine Reportage mit dem Titel «Bericht über eine Hausbesetzung» zeigt. Etwas befremdet berichtet der Reporter über die Bewohner einer verlassenen Liegenschaft an der Wasserwerkstrasse.

Mit Argwohn nimmt der Autor zur Kenntnis, dass die Besetzer nicht politisch seien. Schlimmer noch: «Für sie ist die linke Politik diskreditiert.» Ansonsten bot die ZS mit ihrem chaotischen Layout auch Platz für Skurrilitäten. So gab es Rezepte für finnische Guetzli oder eine mehrseitige Kampagne zur Legalisierung von Haschisch.

Vereint gegen die Behörde

Ab dem Opernhauskrawall schlägt diese Distanziertheit gegenüber der Zürcher Bewegung in Partizipation um. Mit Enthusiasmus wird berichtet, wie die Studierenden versuchten, den Ethno-Film trotz Verbot zu zeigen. Im zum Bersten gefüllten Lichthof wartete man gespannt auf die Vorführung. «Es wird immer enger», schrieb ein ZS-Redaktor. «Alle Stockwerke sind besetzt, die Szenerie erinnert an ein römisches Amphitheater.» Doch die Vorführung scheiterte. Im Lichthof war es zu hell. Spontan ging man stattdessen demonstrieren. «Wir sind vereint gegen eine Behörde, die uns reglementieren will, bis wir uns selbst nicht mehr erkennen», beschreibt der ZS-Reporter die Stimmung.

«Kopfjägerei»

Das Filmverbot wurde als «Rülpser der Obrigkeit» bezeichnet, der nach und nach zu einem Donnergrollen auswuchs. Denn fortan beschäftigte sich auch die Hochschulkommission mit dem Drehmaterial – und bestätigte Gilgens Filmverbot. Die Konsequenzen waren hart: Der Lehrauftrag des Ethnologen Heinz Nigg, der das Film-Team betreute, wurde nicht mehr erneuert. Zudem wurde gegen den damaligen Leiter des Ethnologischen Seminars ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Die ZS kommentierte dieses Vorgehen scharf. Die Hochschulkommission habe sich «kalten Arsches» über die Wissenschaftlichkeit hinweggesetzt. Damit wolle Gilgen den «Ethno-Sumpf austrocknen». Der bereits vorher nicht sonderlich beliebte Bildungsdirektor wurde nun endgültig zum Feindbild der Studierenden. Um Gilgens angebliche «Kopfjägerei» unter Beweis zu stellen, wird er in einem ZS-Artikel mit den folgenden Worten zitiert: «Es ist mir egal, wenn ich mit Kanonen auf Spatzen schiesse. Hauptsache, ich treffe.»

Doch der Skandal machte das Filmchen nur noch berühmter. Am Ende landeten Szenen davon im wohl bekanntesten Zeitdokument der Zürcher Bewegung: im legendären Filmpamphlet «Züri brännt».

1981 Geschlechtsumwandlung

Der ZS will kein Mann mehr sein

Der Zürcher Student wird in Zürcher Student/in umbenannt.

1982 Schluss mit konzepten

Die WoZ entsteht – auf Betreiben von ZS-Leuten

Die Monatszeitung das konzept wird aufgelöst. Die konzept-Redaktion um Lotta Suter gründet die Wochenzeitung WOZ.

1991 ZS für Frauenrechte

Wieder gehört die ZS zur politischen Vorhut

Die ZS bekennt sich kompromisslos zum ersten Frauenstreik.

1992 Gründung des medienvereins ZS

Die ZS wird unabhängig!

Im Sommer zieht die Redaktion von der Leonhardstrasse 15 nach Oerlikon in die Birchstrasse 15. «Das hat den Vorteil, dass wir abseits vom Unitrubel in begrünter Umgebung entspannt unsere Zeitungen herstellen können», heisst es im Editorial von Nanette Alber. 

Doch die Begeisterung währt nicht lange. Im gleichen Jahr trennen sich die Wege der ZS und die des VSETH und des Verbands der Studierenden der Universität Zürich (VSU). Unter anderem auf Betreiben von Redaktor Theodor Schmid wird der «Medien Verein ZS» quasi als Verlag für die ZS gegründet.

1993 Neuerliche Umbenennung

Jetzt ist die ZS endgültig eine Frau

Die Zürcher Student/in verliert ihren Schrägstrich und heisst fortan Zürcher Studentin. Im Jahr darauf wird das generische Femininum in der ZS eingeführt.

Im selben Jahr wird der ZS-Ableger iQ – Quartalsinfo für Uni und ETH gegründet, der bis 2006 erscheint. ZS und iQ werden zur «Experimentierwiese» für viele angehende Journalistinnen und Journalisten, welche die Schweizer Medienlandschaft bis heute prägen – unter anderem Constantin Seibt und Min Li Marti.

1996 Neues Medium

Die ZS hat eine Website – aber die Studis kein Internet

Die Website satan.ethz.ch ist die erste Internetpräsenz der ZS. Das Interesse daran hält sich allerdings in Grenzen, weil Internetzugänge noch nicht so verbreitet sind.

2003 Geldsorgen

Es fehlt mal wieder die Kohle

Die ZS ist – nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal in ihrer Geschichte – in arger Geldnot. Diesmal, weil die Geschäftsleiterin des Medienvereins mutmasslich einen nicht unbeträchtlichen Geldbetrag veruntreut hat.

2006 Relaunch

Die ZS in der heutigen Form entsteht

Die ZS erhält den alle Geschlechter umfassenden Namen Zeitung für Zürichs Studierende. Ein Jahr später wird sie im Zuge eines umfassenden Relaunches, bei dem iQ und ZS fusionieren, schliesslich in Zürcher Studierendenzeitung umbenannt. Diesen Namen trägt sie bis heute

2022 Anfänge im Internet

99 Jahre Print, 22 Jahre Online

Anlässlich einer neuen Website blickt Redaktor und Programmierer Robin Bisping zurück auf den digitalen Weg der ZS.

99 Jahre Print, 22 Jahre Online

Wurde von Hand programmiert: die neue ZS-Website. PD

Die ZS ist die älteste Studierendenzeitung der Schweiz – und ab heute auch jene mit der jüngsten Webseite. Nach anderthalb Jahren planen, gestalten und programmieren, lancieren wir einen neuen Internetauftritt. Künftig sind wir unter einer neuen Adresse aufzufinden: Aus zs-online.ch wird zsonline.ch. Dadurch sparen wir zwar nur ein Zeichen, verhindern jedoch einige Tippfehler. 

Unsere Webseite erhält nicht nur einen frischen Anstrich, sie ist auch strukturierter aufgebaut. Auf der Startseite gewichten und gruppieren wir unsere Artikel stärker. Aktuelle Texte werden hervorgehoben. Was zusammengehört, erscheint auch zusammen. Das schafft Übersicht und erleichtert es, die ZS online zu lesen. Neben unseren gedruckten Artikeln publizieren wir aktuelle Neuigkeiten exklusiv online. Grössere Bilder, Galerien und Infoboxen liefern zusätzliche Informationen und machen die Beiträge abwechslungsreicher. Über eine Kommentarfunktion kann das Geschehen an der Uni und ETH diskutiert werden. Es soll damit einfacher und interessanter werden, sich über das Studium auszutauschen.

«Willkommen in der Hölle!»

Die erste Webseite der ZS entstand vor 22 Jahren. In der Ausgabe vom 9. Juni 2000 kündigte die Zeitung an: «Die ZS will ins Netz der Netze. Und wenn, dann richtig. Ein Auftritt, der dem grosser Zeitungen in nichts nachsteht.» Die unter www.zs.unizh.ch betriebene Webseite war ein Abbild der gedruckten Ausgabe.  

Eine erste Webpräsenz gab es aber schon einige Jahre früher, nämlich 1996. Unter satan.ethz.ch/zs konnten Programme heruntergeladen werden, über  die sich Studierende der Uni Zürich mit dem Internet verbinden konnten. Dabei begrüsste der Server die Besucher*innen auf der Startseite mit den Worten «Willkommen in der Hölle!». Satan war einer der ersten Server in Zürich, der mit dem Internet verbunden war, rund um die Uhr lief und mit dem Studierende machen konnten, was sie wollten. Der Name war  übrigens eine Abkürzung für «Satellite Antenna».

15 Jahre Online-Archiv

Die Geschichte der ZS-Webseite führt immer wieder an anderen studentischen Projekten vorbei. In den letzten Jahren hostete sie das Uniboard für uns. Mit der neuen Webseite übernehmen wir den Betrieb wieder vollständig selbst. Das geschieht einerseits aus technischen Gründen, andererseits können wir unseren Webauftritt dadurch flexibler weiterentwickeln. Das ist auch nötig: Zwar ist unsere neue Webseite ab heute online, fertig ist sie aber noch nicht. In den kommenden Wochen und Monaten verbessern wir sie weiter und schalten neue Funktionen hinzu. Mit einer verbesserten Suchfunktion lassen sich alle ZS-Artikel der letzten 15 Jahre durchsuchen. Ausserdem schliessen wir uns der Schweizer Mediendatenbank SMD an.

Fast 100 Jahre alt, aber noch immer frisch im Netz: die ZS. 

2023 Jubiläum

Die ZS wird 100 Jahre alt!

Die ZS wird allen Widrigkeiten zum Trotz hundert Jahre alt. Die aktuelle Redaktion blickt zuversichtlich in die Zukunft – und dies zu Recht. Zum dritten Mal gewinnt die ZS den Pro Campus Presse Award und wird wie in den Jahren 2012 und 2017 zur besten Studierendenzeitung im deutschsprachigen Raum gewählt

2023 Kurzmeldung
Zürcher Studierendenzeitung #3/23

Die ZS gewinnt den Pro Campus-Presse Award!

Diese Zeitung ist offiziell die beste Studierendenzeitung im deutschsprachigen Raum – und das zum dritten Mal. Gelobt werden etwa «die Schlichtheit, die Aktualität und die Tiefe».

Zürcher Studierendenzeitung #3/23

Die ZS gewinnt den Pro Campus-Presse Award!

Wir sind stolz, pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum der ZS verkünden zu können, dass unsere Zeitung dieses Jahr den Preis für die beste Studierendenzeitung im deutschsprachigen Raum gewonnen hat. Zum dritten Mal gewinnt die Zürcher Studierendenzeitung damit den jährlich vergebenen Pro Campus-Presse Award – den Preis, den deutschsprachige Studierendenzeitungen gewinnen können. Die ZS gewinnt den Pro Campus-Presse Award vor «Philtrat» aus München und «Hastuzeit» aus Halle-Wittenberg. «Akrützel» aus Jena und die «Funzel» aus Freiburg erhalten Sonderpreise.

«Die Zürcher Redaktion überzeugt durch ihre Professionalität und ein
solides Gesamtpaket, ganz klar der erste Platz», so Hans-Jürgen Jakobs, Senior Editor beim Handelsblatt. Die Schlichtheit, die Aktualität und die Tiefe des Titels hat Martina Kix, Chefredakteurin ZEIT CAMPUS, besonders gefallen. Lobenswert, so Philipp von Mettenheim, Medienanwalt bei CBH Rechtsanwälte, ist, dass sowohl Studierende aus der Ukraine als auch aus Russland zu Wort kommen. Robert Hofmann, Redakteur bei Vice, Chefredakteur von Reportagen.fm und einst selbst Herausgeber einer Studierendenzeitschrift, meint: «Die ZS hat es geschafft, ein buntes, stimmiges Magazinkonzept umzusetzen, ohne das Zeitungsformat aufgeben zu müssen.»

Ukraine-Ausgabe wird gelobt

Preisgekrönt wurde die dritte von sechs Ausgaben des Jahres 2022. Thema war der Krieg in der Ukraine mit Fokus auf Studierende in der Ukraine und Russland sowie Geflüchtete, die nun in der Schweiz studieren. Die ZS-Redaktion hat dabei Studierende kontaktiert, die dann etwa einen Artikel dazu schrieben, wie sie den Krieg erleben oder uns ein Interview gaben. So haben wir zum Beispiel ein Gespräch mit einem Redaktor des russischen Studierendenmagazins DOXA geführt, das sich ganz klar gegen den Angriffskrieg Russlands positioniert hat. Auch sonst war es eine Ausgabe von internationaler Prägung: Wir hatten etwa einen Bericht aus Israel und eine Reportage aus München.