Unter dem Laben «Bsophius» feiern die Juristen im Alumnihaus Partys.

Der FV Jus tanzt «Mafia-Style»

Schwere Vorwürfe gegen die Juristen: Opposition ausgeschlossen, Studiverband erpresst; und der Ex-Präsident residiert im Alumnihaus.

29. März 2014

Die Jus-Studierenden Vanessa Fabris und Max Zickler mussten an der Generalversammlung ihres Fachvereins im Februar draussen bleiben. Die Präsidentschaftskandidatin und ihre Verbündeten waren wenige Tage zuvor ausgeschlossen worden. Die Statuten erlauben das. Doch wurde ihnen der Zutritt zur GV mündlich vom Fachvereinsvorstand und schliesslich vor Ort von privatem Sicherheitspersonal verweigert, obwohl sie das Recht gehabt hätten, dort gegen den Ausschluss zu rekurrieren. Insgesamt 18 Fachvereinsmitglieder mussten draussen bleiben. Die GV des Fachvereins Jus (FV Jus) ging durch die Medien, auch weil die Polizei mit drei Einsatzwagen vor Ort war. Dank der Satiresendung Giacobbo/Müller lachte die ganze Schweiz über den FV Jus. Der Vorstand verweigerte das Gespräch mit den Medien. Einzig in einem Mail an alle Jus-Studierenden nahm der verantwortliche Ex-Präsident Moritz Schmid zum Skandal Stellung: Die beiden Ausgeschlossenen hätten den Beschluss akzeptiert, nachdem er ihnen die Begründung persönlich mitgeteilt habe, schrieb er. Davon wissen die beiden nichts.

Weil Moritz Kommunikationszuständiger im Vorstand des Studierendenverbandes VSUZH ist, wurde die Sache auch im Studierendenparlament diskutiert. Doch auch im Rat blieb Moritz stumm. Immer wieder versuchten die Räte an der Sitzung vom 5. März, ihm eine Erklärung zu entlocken. Sein einziges Statement zu den Widersprüchen zu den Aussagen von Max, der ebenfalls anwesend war: «Ja, einer von uns beiden lügt.» Mehr wolle er nicht sagen. Seine Begründung: Da Max und Vanessa einen Rekurs gegen ihren Rausschmiss planten, wolle er ihnen den Prozess nicht mit Aussagen erleichtern. Deshalb habe er den beiden auch nicht gesagt, warum sie rausgeworfen wurden. Das widerspricht der Erklärung, die er per E-Mail abgegeben hatte. Obwohl der Rat auf einer Stellungnahme seines Vorstandsmitglieds insistierte, schwieg Moritz. Auch mit der ZS wollte er nicht sprechen. Eine Begründung für die Ausschlüsse gibt es nach wie vor keine. Es sieht aber ganz so aus, als hätte sich ein eingespielter Vorstand interner Kritiker entledigt.

7310 Franken Anwaltskosten

Die Aussageverweigerung von Moritz ist nicht das erste Mal, dass der FV Jus das Studierendenparlament auf Trab hält. Bereits als der Verband gegründet werden sollte, stellten sich die Juristen quer. Sie fürchteten um Geld und Macht. 2010 musste für die Einrichtung der verfassten Studierendenschaft das Universitätsgesetz geändert werden. Dazu brauchte es ein Ja des Kantonsrats. Zuständig dafür war die Bildungskommission (KBIK). Die damalige StuRa-Präsidentin Gwendolyn Marx sowie David Studerus vom FV Jus sollten vor der KBIK vorsprechen und das Projekt bewerben. Studerus' damalige Mitstreitende erheben schwere Vorwürfe gegen ihn: Er habe sich im Geheimen mit einigen Vertretern der KBIK – unter ihnen seine Parteikollegen von der FDP – getroffen und ihnen die Ablehnung des Vorstosses empfohlen. Als sich Studerus sicher gewesen sei, genügend Kommissionsmitglieder auf seiner Seite zu haben, präsentierte er dem StuRa-Büro einen Vertrag. Sollte dieser nicht unterzeichnet werden, so könne er die Mitglieder der KBIK nicht mehr umstimmen und damit wäre das Projekt VSUZH gestorben.

Der Vertrag räumt den Fachvereinen eine Vormachtstellung ein und schützt sie vor Konkurrenz. Der neue Verband VSUZH darf in den ersten drei Jahren keine Sponsorengelder annehmen und keine ähnlichen Dienstleistungen wie die Fachvereine anbieten. Zudem gewährte der Vertrag den Fachvereinen ein Vetorecht für sämtliche geplanten Dienstleistungen. Die mit dem Dossier betrauten StuRa-Vertreter, Mitglieder aller Fraktionen sowie der damalige VSETH-Präsident als Zeuge unterschrieben das Papier. Im Oktober 2010 wurde dessen Inhalt in die Allgemeine Geschäftsordnung aufgenommen. Am 26. Mai 2011 gab der Kantonsrat auch dank Studerus’ Parteikollegen grünes Licht für die Änderung des Universitätsgesetzes und damit für die Gründung des VSUZH.

Studerus bestreitet auf Anfrage die Erpressung, nicht aber die Existenz des Vertrags. Er habe sich zwar mit Kantonsräten getroffen, der StuRa sei aber über alles informiert gewesen. Ein Jahr später kippte der StuRa das Sponsoringverbot wieder aus der Geschäftsordnung. Auch der Antrag von Moritz, das Verbot dennoch in die Statuten des VSUZH aufzunehmen, wurde abgelehnt. Moritz reichte Rekurs ein, was zu problematischen Verzögerungen führte. Die Statuten müssen vom Regierungsrat genehmigt werden, doch solange ein Rekurs hängig war, wollte dieser das Geschäft nicht behandeln. Damit der Rekurs rechtzeitig zum Gründungstermin abgehandelt werden konnte, musste der StuRa einen externen Anwalt für 7310 Franken anstellen.

Macht und Geld

Warum ist dem FV Jus das Sponsoringverbot so wichtig? Es geht um viel Geld, denn er fürchtet um die eigenen Sponsoren. Vor allem der Wirtschaftsprüfer KPMG ist ein wichtiger Geldgeber. Auf seiner Homepage verspricht der FV Jus Sponsoren «direkten Kontakt zu den Studierenden». Geld macht der Fachverein auch, indem er den Studierenden gesponserte Produkte verkauft. Für den Schreibblock mit KPMG-Logo verlangt er drei Franken. Auch Sammlungen alter Prüfungen verkaufen die Jusler im Studentenladen für 30 Franken, obwohl man sie von der RWI-Homepage gratis herunterladen kann. Der Reingewinn des steuerbefreiten FV Jus lag im Jahr 2013 bei 14 000 Franken.

Der FV Jus ist nicht nur finanziell erfolgreich, sondern auch gut vernetzt. So ist auch der Stiftungsrat der Zentralstelle der Studierendenschaft (ZSUZ) mit FV-Juslern durchsetzt. Die Stelle führt auch den Studentenladen. Mehrere FV-Jusler wollten die Stiftung in eine AG umwandeln und vollständig vom StuRa abkoppeln. Dazu liessen sie von einem Anwaltsbüro neue Statuten aufsetzen. Der Stiftungsrat lehnte die Änderung schliesslich ab.

Alumnihaus am Zürichberg

Ein weiterer Teil des kleinen Imperiums des FV Jus ist das «Alumnihaus» am Zürichberg. Es gehört den Alumni der Rechtswissenschaftlichen Fakultät (RWF), welche unabhängig von den FV-Jus-Alumni sind. Die 16 Zimmer werden für bis zu zwölf Monate primär an Austauschstudierende vermietet. Ex-Fachvereinspräsident Moritz wohnt seit mehr als zwei Jahren dort. Die Alumni der RWF wollten dazu keine Stellung nehmen. Bei weiteren Nachfragen wird die ZS im Kreis herum verwiesen. Letztlich schweigen alle, auch der Dekan, an welchen man verwiesen wird, kann keine weitere Auskunft zu den Zimmerverteilungen geben. Moritz arbeitet auch als Verwalter bei der Wohnkommission, die das Haus verwaltet. Im Alumni-Haus veranstaltet der FV Jus private Mottoparties – zum Beispiel «Mafia-Style». Die Alumni der RWF schreiben auf ihrer Homepage, dass sie das Haus als Ort des wissenschaftlichen Austauschs zwischen Jus-Studierenden sehen.

Mit den eigenen Waffen

Mit dem Skandal um die Generalversammlung geriet der Fachverein unter Rechtfertigungsdruck. Die KPMG stellt sich hinter den Vorstand und will das Sponsoring gar ausbauen. Dekan Schwarzenegger hat alle Parteien und inbesondere den FV Jus dazu aufgefordert, die Ungereimtheiten zu klären. Was das letztlich bedeutet ist allerdings offen. Weil die anderen Fraktionen von Rechtsfragen weniger Ahnung haben, gelingt es dem FV Jus immer wieder, den VSUZH-Rat mit Rekursen zu blockieren. Jetzt kommt aber Widerstand aus den eigenen Reihen auf. Vanessa und Max nehmen ihre Rechte wahr und reichen beim FV Jus Rekurs gegen ihren Ausschluss ein. Es bleibt offen, ob die Aussenseiter es schaffen, den Vorstand mit seinen eigenen Waffen zu schlagen und Reformen zu erzwingen.

Lest den Kommentar zu dieser Geschichte: "Die Fachvereine müssen raus aus dem Studierendenparlament"