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Heimweh nach sich selbst

Kulturspalte

21. Februar 2023

Film — Eine verklärende Melancholie, die der Vergangenheit Zauber verleiht. Sie ist das Hauptthema in Mario Martones Film «Nostalgia»: Ein unruhiges Neapel erscheint dem Protagonisten und den Zuschauer*innen turbulent, aber zugleich eindrucksvoll und schön.

Felice Lasco kehrt kurz vor dem anstehenden Tod seiner Mutter zurück nach Neapel, seine Heimatstadt, die er vor über vierzig Jahren verlassen hat. Seiner Frau erzählt er am Telefon, die Stadt sei noch genau gleich wie damals. In Wirklichkeit kommt ihm aber vieles fremd vor. Sogar Italienisch beherrscht er nicht mehr richtig. Als seine Mutter, die letzte Verbindung zu seiner Heimatstadt, stirbt, begibt er sich auf die Suche nach seinen Ursprüngen, seiner Kindheit und einem alternativen Lebensweg, den er nie gehen konnte. Während dieser Suche verfängt er sich in den Machenschaften der lokalen Mafia.

Wie es der Titel verlangt, gelingt es Martone mit geschickter Verknüpfung von Musik und Szenerie, in den Gassen von Neapel eine Art Nostalgie zu erwecken. Durch die exemplarische Geschichte eines Einheimischen, der es aus dem Viertel Sanità rausgeschafft hat, versucht «Nostalgia», die schwierigen Umstände gebürtiger Neapolitaner*innen aufzuzeigen. Mit dieser grossen Aufgabe tut sich der Film jedoch reichlich schwer: Die Geschichte gleicht einer Kollektion aus zusammengewürfelten Tagebucheinträgen. Dies ist laut Martone zwar durchaus gewollt. Neapel und die Essenz des Viertels Sanità fange er in Szenen ein, die die Stadt als jenes Labyrinth entlarven, das sie ist. Tatsächlich reissen die zusammengewürfelten Szenen die Zuschauer*innen aber aus der durch die Kameraführung sorgfältig geschaffenen Stimmung heraus.

Trotzdem stellt der Film «Nostalgia» gekonnt dar, was Felice Lasco an seiner Heimat so vermisst: In Neapel findet er überall Gemeinschaft. Das Viertel Sanità mit all seinen freundlichen Bewohner*innen verhilft ihm nach dem Tod seiner Mutter schliesslich zum Seelenfrieden. Als Zuschauer*in überkommt eine*n da selbst die Nostalgie – oder das Heimweh nach einem unbekannten Ort.

Über den Film

«Nostalgia» läuft ab dem 2. März in den deutschschweizer Kinos.