«Ich muss mich jeden Tag zwingen»
Pandemie und Fernstudium schaffen und verschärfen psychische Probleme. Studis erzählen von ihren Einsamkeitsgefühlen.
Anonyme*r Psychologie-Student*in, Universität Zürich
«Die Coronazeit geht nicht spurlos an meiner Psyche vorbei. Diesen September habe ich mein Studium angefangen, und für mich ist es sehr schwer, ohne den physischen Austausch mit den Dozent*innen und Mitstudierenden klarzukommen. Ich habe in den Laptop gestarrt, bis ich das Gefühl hatte, dass das ganze Leben auf dem Laptop stattfindet. Ich muss mich jeden Tag zum Studium zwingen und habe ständig Lernstoff aufzuholen. Langsam überlege ich mir, das Studium abzubrechen, da ich jedes Mal einen Nervenzusammenbruch erlebe, wenn ich den Laptop aufklappen muss.»
Anonyme*r Organisations- und Kommunikations-Student*in, ZHAW
«Für mich hat Einsamkeit nicht viel mit Alleinsein zu tun. Es ist eher das Gefühl, wenn ich mit Leuten etwas unternehme und es mir weniger Spass macht als den anderen. Kürzlich war ich an Halloween mit Freunden unterwegs und habe mich plötzlich sehr einsam gefühlt. Es ist dann manchmal schwierig, weil ich mich nicht traue, es den anderen zu sagen. Ich denke aber, unsere Generation fühlt sich allgemein einsamer als die vorangehenden. Wir sind sehr stark damit beschäftigt, an uns selber zu arbeiten, und sind weniger gemeinschaftlich. Was mir hilft, sind Psychotherapie, mit Freunden darüber zu sprechen, und Nein zu sagen, wenn ich nicht in Stimmung bin, etwas zu unternehmen.»
Anonyme*r Tourismus-Student*in, Fachhochschule Graubünden
«Im September dieses Jahres habe ich mein Auslandsemester in Rotterdam gestartet, trotz des Wissens, dass Corona mir jederzeit einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Bei der Anreise war die Coronalage stabil. Doch meine anfängliche Freude zerbrach schnell, als am 28. September die neuen Coronamassnahmen bekannt gegeben wurden. Spontane Ausflüge unternehmen oder Leute kennenlernen, war nicht mehr möglich. Ich befand mich in einer Stadt, in der ich fast niemanden kannte, und steckte in völliger Ungewissheit. Das nagte an meiner mentalen Verfassung. Für mich gab es nur einen Weg raus aus den negativen Gedanken: Nach Hause zu fliegen und das Semester von dort aus zu beenden.»