Unitär: Das letzte Gericht
Das letzte Gericht — Unlängst unter Freunden: Weisswein und Nocino treiben die Gemüter nach einem gediegenen Mahl zu einer angeheizten Diskussion zum Thema «Macht Glutamat krank?». Halbwissen trifft in explosiver Weise auf begründete Annahmen und lässt das Artikulationsvolumen Suva-feindliche Dimensionen annehmen. Der anwesende Lehrer versucht vergeblich, mit eindringlichem «Schschen» die Harmonie wiederherzustellen. Letztlich der Griff der Gastgeberin zum Smartphone und damit zum klärenden Schiedsgericht. Richter Internet gibt jenen Recht, die den Geschmacksverstärker als schlechte Praxis abstempelten, und verurteilt jene scharf, die ihn als ungesund verschrien. Wir sind belehrt und gehen wie brave Lämmer wieder zu Unverfänglicherem über.
Der Vorfall zeigt eines deutlich auf, werte Kommilitoninnen und Kommilitonen: Man glaubt einem Gebildeten nicht mehr, ohne dass man mindestens eine dubiose digitale Quelle konsultiert hat. Der Besserwisser wird heute im Schnellverfahren via Wi-Fi gerichtet. Aber trauern wir unserem alten Ego nicht nach – denn das Web wird unser Katalysator für besseres Wissen sein. Vernetzte Computer schreien nach vernetztem Denken! Seien wir die Instanz, welcher der Tor wie auch der Intellektuelle Glauben schenkt! Besetzen wir den Richterstuhl, der da Google und Wikipedia heisst; der Zweifler und Halbwissende zum Schweigen bringt! Lasst die digitale Revolution die unsrige sein!