Das Vertrauen in die Forschung bleibt

Populist*innen säen vemehrt Zweifel am Stellenwert der Wissenschaft. Doch nun widerlegt eine internationale Studie der Uni Zürich und der ETH die befürchtete Vertrauenskrise.

Leo Ammann (Text) und Mara Schneider (Illustration)
10. April 2025

In einer Zeit, in der der Begriff «Fake News» Hochkonjunktur erlebt, ist die Suche nach verlässlichen Informationsquellen wichtiger denn je. Die Wissenschaft gilt im allgemeinen Verständnis als Grundlage des Wissens und wird gerne für genau diesen Zweck rezitiert – jedoch bewirken populistische Meinungsmache und «alternative» Medien immer häufiger, dass nicht nur deren Befunde hinterfragt werden, sondern die Wissenschaft als Ganzes infrage gestellt wird. Im gängigen Mediendiskurs wird deshalb von einer Vertrauenskrise hinsichtlich der Wissenschaft gesprochen. 

Die Wissenschaft trotzt dem Populismus

 Vor diesem Hintergrund erstellte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Viktoria Cologna der ETH und Dr. Niels Mede der Universität Zürich eine umfassende, international vergleichende Studie zum Vertrauen in die Wissenschaft. Ihre Befunde scheinen auf den ersten Blick etwas beunruhigend: Von einer Skala von eins, «kein Vertrauen», bis fünf, «höchstes Vertrauen », schneiden die 68 untersuchten Länder auf einem Mittelwert von 3,62 ab. Die Schweiz schneidet mit 3,45 Punkten sogar leicht schlechter ab. Eine genauere Betrachtung legt ein differenziertes Bild der Ergebnisse offen und deutet nicht auf eine tiefgreifende Krise hin. 

Zwar erscheint der Verdacht auf eine Vertrauenskrise durchaus berechtigt: Rechte Bewegungen in den USA sowie in Europa hegen Zweifel an der Klimawissenschaft, sowie an der Wirkung der Massnahmen während der COVID-Pandemie. Die neue US-Führung zeigt exemplarisch, wie Wissenschaft als Teil einer «Elite» ins Visier der populistischen Rechten gerät. Wissenschaftliche Befunde, die nicht den eigenen politischen Zielen entsprechen, werden missachtet, oder deren Aussagekraft zugunsten der eigenen politischen Meinung verdreht. Die Studie von Cologna und Mede bestätigt diese Ausgangslage weitestgehend und stellt den ersten globalen empirischen Beweis für die negative Auswirkung populistischer Ablehnung der Wissenschaft auf das Vertrauen in Wissenschaftler*innen dar. 

Gleichzeitig zeigt sie aber: Die Lage ist noch lange nicht so kritisch wie befürchtet. Ein Grossteil der knapp 72'000 Befragten schreibt Wissenschaftler*innen eine angemessene Kompetenz zu, während 75 Prozent die Wissenschaft als die beste Methode sehen, etwas als richtig oder falsch einzustufen. Das ausschlaggebende Argument gegen die Vertrauenskrise lautet jedoch: In keinem der 68 untersuchten Länder stuft die Studie das Vertrauen als tief ein. Sogar Staaten mit stark präsenten populistischen Strömungen, etwa die USA oder Argentinien, befinden sich im oberen Mittelfeld auf der Vertrauensskala. Obwohl Populismus das Vertrauen in die Wissenschaft negativ beeinflusst, scheint der Effekt nicht gross genug zu sein, um von einer Krise sprechen zu können. 

Politische Orientierung spielt keine Rolle 

Die Studie der beiden Schweizer Autor*innen ist die bislang umfassendste globale Untersuchung zum Vertrauen in Wissenschaftler* innen nach der Pandemie. Indem sie Regionen einbezieht, die in westlich geprägten Wissenschaftsdiskursen oft wenig Beachtung finden, zeigt sie die Vielschichtigkeit der Vertrauensfrage auf: Während in Westeuropa sowie in Nord- und Südamerika rechte Parteien tendenziell skeptischer gegenüber Wissenschaft sind, kommt Wissenschaftsskepsis in Osteuropa, Afrika und Südostasien häufiger aus dem linken politischen Spektrum. Diese Unterschiede lassen sich laut der Studie weniger auf die politische Orientierung selbst, sondern vielmehr auf die Haltung der jeweiligen politischen Führung gegenüber Wissenschaft zurückführen. So wird nicht mehr auf Basis von Fakten diskutiert, sondern danach, welches politische Lager die Deutungshoheit beansprucht. Trotzdem bleibt das grundlegende Vertrauen in die Wissenschaft in den meisten Ländern bestehen – selbst dort, wo es populistische Strömungen aktiv zu untergraben versuchen. 

Kommunikation statt Verteufelung 

Vertrauen in die Wissenschaft wird speziell dann wichtig, wenn auf politischer Ebene Entscheidungen basierend auf wissenschaftlichen Befunden getroffen werden müssen, was in Krisenfällen oftmals als oberste Instanz aufgefasst wird, zeigte die COVID- 19-Pandemie. Dr. Frank Marcinkowski von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erklärt gegenüber dem «Science Media Center Germany», dass dies ein weiteres Problem darstelle: Viele Menschen haben nur eingeschränkten Zugang zur Wissenschaft, sodass sie wissenschaftlich begründete politische Entscheidungen oft nicht vollständig nachvollziehen können. Wer sich aber nun gegen eine solche Entscheidung positioniert, hat nicht mehr nur eine andere politische Meinung, sondern widersetzt sich gewissermassen einer als objektiv geltenden Faktenlage. Dies führte im Fall der Pandemie oftmals dazu, dass diese politischen Positionen diskreditiert oder als unzuverlässig dargestellt wurden.

Diese Form von Top-Down-Kommunikation rät die Studie in Zukunft zu vermeiden. Um einem daraus resultierenden Vertrauensproblem entgegenzuwirken, empfiehlt sie eine Wissenschaftskommunikation, die weniger auf einseitige Informationsvermittlung setzt und stattdessen den Dialog mit der Öffentlichkeit stärkt. Entscheidender Faktor sei dabei Transparenz – sowohl hinsichtlich der Methodik und der Finanzierungsquellen wissenschaftlicher Forschung als auch im Umgang mit bestehenden Unsicherheiten. Zudem solle Wissenschaft stärker aufzeigen, inwiefern ihre Erkenntnisse gesellschaftlich relevant sind und welche konkreten Auswirkungen sie auf das tägliche Leben haben. Indem wissenschaftliche Prozesse offener gestaltet und öffentliche Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen werden, könne nicht nur das Vertrauen in Wissenschaftler* innen gefestigt, sondern auch ihre Rolle in politischen Entscheidungsprozessen nachvollziehbarer gemacht werden.