Eine Welt ohne... Bargeld

Eine Welt ohne...

19. April 2021

Pro — Meine Grossmutter war überfordert, als EC-Karten eingeführt wurden, meine Mutter war es mit dem Online-Banking.Undmir geht derzeit einiges zu schnell mit Contactless-Zahlung, Twint, Revolut und Krypto. Die unsichtbaren Währungen verführen mich nur zu digitalen Kaufräuschen. Ich vertraue daher auf den sicheren alten Wert: Bargeld. Das hat man in der Hand und weiss, wann es knapp wird. Und: Hier wird nicht jede kleine Transaktion überwacht und gespeichert. Im virtuellen Geld- und Bankensystem funktioniert Geld mehr und mehr als imaginäres Objekt. Mit der Ablösung vom Goldstandard wurde der Wert des Geldes vom realen Bezug entkoppelt, heute ist digital um ein Vielfaches mehr Geld im Umlauf, als real existiert. Sprich: Die ganze Welt hat Schulden, das Finanzsystem funktioniert nur, solange nicht zu viele Menschen gleichzeitig ihr Bares einfordern. Wenn wir alle unser Bargeld daheim im Tresor lagern würden, würde das Bankensystem kollabieren. Also: Gebt den Banken keine digitale Munition, Bargeld für die Revolution. [fis]

Kontra — Eine Linie Koks schnupfen, Kellner*innen Trinkgeld zustecken, Kopf oder Zahl spielen. Was haben diese Dinge gemeinsam? Richtig, man kann sie alle mit Bargeld machen. Aber es geht auch ohne. In meinem Portemonnaie klemmt schon seit Monaten die gleiche Fünfzigernote, das Münzabteil wird schwerer und schwerer – es kommt mir vor, als würde ich überflüssigen Ballast herumschleppen. An den Kassen kann man längst mit Twint zahlen, ebenso in Bars und an Kiosken, und sogar wer nicht auf diesen Trend-Zug aufspringen möchte – die Bankkarte gibt’s jetzt seit einem halben Jahrhundert. Gerade in einer Pandemie ist das Verteilen von Bargeld wohl das Unnötigste überhaupt. Was hält uns also noch an der Tradition fest? Es kann wohl nur Nostalgie sein, der alte Chlöni. Aus Parolen wie «Bei Bargeld weiss man, was man hat» (obwohl ja niemand mehr als ein paar Prozent seines Kontoinhalts in seiner Brieftasche hält)v spricht nichts als kindische Angst vor dem Loslassen. Es lebe also der ewige Fortschritt! [hel]

An dieser Stelle phantasieren wir über mögliche Welten.