Roosevelt veröffentlicht mit «Polydans» seinen dritten Langspieler. zVg

Synthiehöhen vs. Discotiefen

«Polydans» von Roosevelt ist am 26. Februar bei City Slang erschienen.

8. März 2021

Album — Im Streaming-Zeitalter haben Playlists bald mehr Relevanz als Alben. Dennoch ist und bleibt der erste Song eines Albums eine Ansage. Das weiss auch Marius Lauber, der unter dem Pseudonym Roosevelt seinen dritten Langspieler namens «Polydans» veröffentlicht. Beim fulminanten Auftakt «Easy Way Out» erwarten einen schrille Synthesizer und futuristische Soundeffekte, bis sich die Kickdrums überschlagen und schliesslich die Basslinie einsetzt, die sofort in die Beine fährt. Das ist Roosevelt in Höchstform: Eine geschickte Mischung aus Versatzstücken der Achtzigerjahre und zeitge- nössischer, elektronischer Tanzmusik. Doch das Album hält leider nicht ganz, was das erste Stück verspricht. Songs wie «Strangers» und «Feels Right» plätschern spannungsfrei dahin und verlieren sich in melodischen Klischees. Überraschend ist das kurze Zwischenspiel «Montjuic», bei dem Lauber mit einem Arsenal an Retrosynthesizern auffährt. Das eineinhalb Minuten lange Stück – das ohne Vocals auskommt – ist experimentell und bricht aus dem bekannten Roosevelt-Schema aus. Man wünscht sich, Lauber hätte die Ideen des Stückes weiterverfolgt. «Lovers» ist dann ein Totalausfall, der durch einen nervtötenden Beat und kitschige Melodie an die nächstbeste Schüler*innen-Disco erinnert. Immerhin das Albumende stimmt versöhnlich: «Echoes» ist nach dem Eröffnungstrack der zweite Höhepunkt der LP. Knackige Drums, eine treibende Basslinie und Laubers dezenter Achtziger-Gesang ergeben eine dichte Soundästhetik, die einen gedanklich auf die Tanzfläche lockt. Der Eindruck von «Polydans» bleibt zwiespältig. Einerseits haben wir einen Roosevelt, der mit «Easy Way Out» und «Echoes» Songs von ganz eigener Klasse abliefert. Andererseits gibt es Stücke wie «Lovers», die das Potenzial haben, beim Autoscooter auf dem Jahrmarkt gespielt zu werden. Beeindruckend bleibt, dass der 30-jährige Wahlkölner das komplette Album selbst eingespielt hat. Und wenn Alben weiter immer unwichtiger werden, dürften die schlechten Songs auf «Polydans» ohnehin schnell übersehen werden und nur die musikalischen Perlen in Erinnerung bleiben.