Krieg der Informationen
«News of the World» von Paul Greengrass läuft seit Ende Februar auf Netflix.
Film – In einer Zeit überschattet vom Ende des amerikanischen Bürgerkriegs tingelt der Kriegsveteran Captain Jefferson Kyle Kidd (Tom Hanks) in Texas von Ort zu Ort und verliest dort Nachrichten, die titelgebenden «News of the World». Trotz Kriegsende ist das Land immer noch von grosser Unsicherheit und anhaltenden Unruhen geprägt. Das Angebot an aktuellen Nachrichten ist knapp. Auf seinem Weg trifft er das von Kiowa-Indianer*innen gekidnappte und aufgezogene Mädchen Johanna (Helena Zengel), mit dem er sich auf die Reise zu ihren letzten noch lebenden Verwandten begibt. Auch wenn sich beide anfangs nicht verständigen können, entwickelt sich schnell eine innige Vater-Tochter-Verbundenheit, die sie am Ende in eine scheinbar unlösbare emotionale Zwangslage bringen wird. Trotz des klassischen Hollywoodschemas und einer gewissen Vorhersehbarkeit überzeugt das Westerndrama von Regisseur Paul Greengrass. Der zwölfjährigen deutschen Nachwuchsschauspielerin Helena Zengel gelingt es im Zusammenspiel mit Tom Hanks, den Film in ein hochemotionales Gesamtkunstwerk zu verwandeln. Captain Kidd, der den Menschen durch die Verbreitung vielfältiger Nachrichten eine positive Zukunftsperspektive bietet, führt einen unermüdlichen Kampf gegen Gesetzlose und Meinungsmacher*innen, die die prekäre gesellschaftliche Situation auszunutzen versuchen. Vorurteile, ausgeprägter Rassismus und der Glaube, sich trotz Kriegsende noch im Kampf zu befinden, halten sich hartnäckig und befeuern das Gefühl, von allen Seiten bedroht zu werden. Damit trifft «News of the World» unseren krisengeplagten Zeitgeist. Die Unsicherheiten, die durch falsche oder unsichere Informationen ausgelöst werden können, finden sich auch in der Coronakrise wieder. Die Qualität und Glaubwürdigkeit von Informationen entscheiden mit darüber, ob eine Gesellschaft nach traumatisierenden Ereignissen heilen kann. In einer Zeit, in der in der mehr und mehr Serien zur blossen Ruhigstellung produziert werden, darf man also mit Recht sagen, dass dieser Film Inhalte mit Daseinsberechtigung liefert.