© CC, Martin Schumann

Der australische Lizard King

29. November 2020

Album — In seiner zehnjährigen Existenz hat das Band-Kollektiv King Gizzard & The Lizard Wizard aus Melbourne sagenhafte 16 Alben und zwei EPs veröffentlicht. Dazu gesellen sich sechs Live-Alben, zumeist als Self-Release über die Musikplattform Bandcamp. Ungewohnt spät folgt nun mit «K.G.» das erste Original-Material dieses Jahres. Nach dem mittelalterlich angehauchten Intro mit Flöte und Akustik-Gitarre folgt mit «Automation» schnurstracks einer der typischen Psychedelic-Jams, die der Band ihren Kultstatus eingebracht haben. Dabei präsentieren sie sogleich auch ihr zweites Markenzeichen: Songtitel und Texte, die gesellschaftliche und globale Veränderungen wie die Klimaerwärmung, Armut oder eben Digitalisierung und Automatisierung thematisieren.

Dabei klingen sie – auch auf dem darauffolgenden «Minimum Brain Size» – wie Alvin Lees legendäre «Ten Years After» in Stoner-Rock getüncht und der Gesang erinnert gespenstisch an Jack Bruces hohe Stimmeinsätze bei den 60er Psychedelic-Rock-Pionieren «Cream». Auf «Straws In The Wind» wird mit Songzeilen wie «I can hear hell’s kitchen and they’re singing hymns» die Apokalypse evoziert. Die Texte sind unterhaltsam und schrill, überzeugen aber nicht gerade durch Qualität oder Kohärenz. Vom Weltuntergang bis zu philosophischen Fragen wie «What can be said to exist inside a simulation inside my mind?» auf dem Titel «Ontology» werden queerbeet Themen heraufbeschworen, ohne dass dabei wirklich gehaltvolle Kommentare entstünden. Die nervösen elektronischen Einflüsse auf «Some of Us» und «Ontology» in der Mitte des Albums, gemischt mit der atemlosen Gesangsdarbietung, werden schnell zu viel des Guten.

Gegen Schluss läuft King Gizzard jedoch wieder zu Hochform auf mit ekstatischen Stoner-Rock-Epen, losen Songstrukturen und ausgelassener Jam-Atmosphäre, gipfelnd in dem grossartigen «The Hungry Wolf of Fate», das dem Album ein Ende setzt. Erstaunlich, wie King Gizzard & The Lizard Wizard trotz ihres hohen Outputs so konsistente Qualität liefern können und sich dabei als eine der führenden Pychedelic-Bands unserer Zeit etablieren, die dem Erbe der 60er Sorge trägt.

[fis]

«K.G.» von King Gizzard & The Lizard Wizard ist am 20.11. bei Flightless Records erschienen.