Zmittag beim «Finance Club»
Jeden Donnerstag lädt der studentische Verein zu den «Brown Bag Lunches» ein. Das Essen steht dabei nicht im Vordergrund.
«Bereit, die Welt zu erobern?» In grossen Lettern prangt diese Frage auf der Webseite des «Finance Club». Mit ebenso gros-sen Erwartungen steigen Interessierte die Treppen zum bevorstehenden Brown Bag Lunch hinauf.
Wer pünktlich kommt, ist zu spät
Nach dem Kampf durch die Sitzreihen – gut 15 Minuten vor Anlassbeginn ist der Raum bereits rappelvoll – fällt es schwer, einen Blick auf das Slide-Deck des Gastreferenten zu bekommen. Von Essen ist weit und breit weder eine Spur zu sehen noch zu riechen. Entgegen der Namensgebung handelt es sich bei den «Brown Bag Lunches» nämlich nicht um eine kombinierte Lunch- und Infosession. Auf die Frage «Isch da no frei?» kann es durchaus vorkommen, dass die Antwort «Of course, take a seat» lautet. Um 12.13 Uhr beginnt die Session. Am Rand bemerkt: Wer pünktlich kommt, ist zu spät. Nach einer kurzen Präsentation über die Credit Suisse folgt ein Einblick in den Werdegang des Gastreferenten, gespickt mit Witz und Karriere-Tipps. Er spricht über diverse Finanzprodukte, Kundensegmente und Einflussfaktoren für den jeweiligen Risikoappetit. Bisweilen bricht schallendes Gelächter aus, wenn eine Anekdote aus dem «daily business» erzählt wird.
So viel, wie in eine Hand passt
Nach einer knappen Stunde wird der Hauptreferent von einem Human-Resources-Vertreter abgelöst. Dieser zeigt die Karrieremöglichkeiten innerhalb der Credit Suisse auf. Ob es am hungrigen Publikum oder an den trockenen Slides liegt, ist unklar – auf jeden Fall wirkt die ganze Sache etwas lustlos. Untermalt wird der Input mit dem Hinweis, dass die Informationen auch im Internet ersichtlich seien. Na dann. Als das letzte Klatschen verebbt, werden die Pforten zum Foyer geöffnet. Der Stehlunch wartet. Zu ergattern gibt es Fleischspiesschen, belegte Brötchen, Linsencurry und Getränke. Wiederum eine Randnotiz: Nimm nur so viel, wie in eine Hand passt. Die andere brauchst du zum Händeschütteln.
Lukrative Stelle am Paradeplatz?
Der Lunch teilt sich in zwei etwa gleich grosse Lager auf. Ambitionierte Studierende umringen die Bankenvertreter, um weitere Insights aus der Credit
Suisse zu erlangen, die anderen stürzen sich auf das Buffet. Welchen Eindruck hinterlässt der Brown Bag Lunch? Nach der Finanzkrise suchten Banken verzweifelt nach Jungtalenten. Immer noch? Durch von technologische Entwicklungen, eine wettbewerbsfähigeren Landschaft und die Einmischung von Start-ups wird den Banken nicht nur das Geschäft streitig gemacht, sondern auch der Nachwuchs. Dem Wunsch der jungen Talente nach Selbstständigkeit und dem Einbringen von Kreativität können etablierte Geldhäuser nicht nachkommen. Nichtsdestoweniger kommt nicht das Gefühl auf, dass der Anlass eine reine Fishing-for-Talents–Aktion ist. Der Fokus liegt auf dem Informationsgehalt. Der Hauptreferent war treffend ausgewählt und das Publikum konnte die Chance nutzen, praxisorientierte Fragen zu stellen.
Wer auf eine lukrative Stelle am Paradeplatz hofft, der findet sicherlich Wege, diese zu bekommen. Über den Brown Bag Lunch jedoch nicht. Vielmehr bietet sich hier für alle Brancheninteressierten die Möglichkeit, sich vertieft zu informieren, Fragen zu stellen und potentielle Peers kennenzulernen, mit denen man dann in Zukunft das Büro teilen kann. ◊