Der einsame Wolf im VSUZH-Rat
«move» war bis vor wenigen Wochen eine Einmann-Fraktion. Nun zählt sie zu den Gewinnerinnen der Wahl. Was will «move», und wer ist ihr Kopf Alexandre Touihri?
Für die Wahl des VSUZH-Rats wurde eine Wahlzeitung zusammengestellt, in der sich alle Fraktionen und Kandidierenden vorstellten. Was auffiel: Die mit 29 Kandidierende grösste Liste, Die der move-Partei, hatte kein einziges Foto und auch keine Beschreibung der Kandidierenden. Das Ganze wirkte wenig vertrauenerweckend und passte schlecht zu dem aufwändigen und professionellen Auftritt, den move im sonstigen Wahlkampf hingelegt hatte. Einen solchen hatte die Partei, die sich selber lieber als Bewegung sieht, nämlich auch nötig. Denn obwohl move schon seit Jahren in der Unipolitik ist, kannte sie kaum jemand, und im Rat war sie meistens nur mit einem Sitz vertreten. Und den besetzte Alexandre Touihri.
Erfolgreicher Geschäftsmann
Der 30-Jährige Jus-Student ist Kopf und Gründer von move und schon seit 2008 in der Unipolitik aktiv. Sein Verhältnis zum VSUZH gleicht einer einseitigen Liebesbeziehung. Auf der einen Seite Touihri, der sich unbedingt im VSUZH engagieren will, und auf der anderen Seite grosse Teile des Rates, die ihm eine Abfuhr nach der anderen erteilen. Es gibt im ganzen Rat wohl kaum eine umstrittenere Person als ihn.
Doch was will Touihri mit move eigentlich? Als Beschäftigungstherapie dient ihm die Fraktion nämlich bestimmt nicht. Neben seinem Jus-Studium arbeitet Touihri in seiner eigenen Firma, Studentconsulting, welche jährlich 2.5 Millionen umsetzt und rund 50 Mitarbeitende beschäftigt. Daneben ist er Präsident der schlagenden Verbindung Utonia. Zu tun hat er also genug. Im Wahlkampf trat er mit drei Themen an: Der VSUZH soll für günstigen Wohnraum für Studierende, eine rund um die Uhr zugängliche Uni sowie für Fleisch in den Mensen sorgen. Während der dritte Punkt reine Polemik ist, scheinen die beiden ersten Punkte Wunschdenken zu sein. Der VSUZH hat niemals genügend Mittel, um 500 Wohnungen zu bauen oder zu kaufen, und die Unileitung scheint nicht besonders interessiert daran, die Gebäude rund um die Uhr zu öffnen.
Laut Touihri wäre allerdings beides einfach umzusetzen: «Der VSUZH soll für grosse Immobilienverwaltungen die Verantwortung für die Vermietung übernehmen. Die Verwaltung spart so Aufwand und Kosten und trägt kein Leerstandsrisiko, während der VSUZH im Gegenzug dafür günstige Konditionen für seine Mitglieder erhält.» Ähnlich will er auch die 24/7-Öffnungszeiten realisieren. Der VSUZH solle eine Haftpflichtversicherung für alle seine Mitglieder für die entsprechenden Räume abschliessen, Sicherheitsleute einstellen und dann mit vollendeten Tatsachen vor die Unileitung treten. Gegen günstigen Wohnraum und längere Öffnungszeiten hat niemand etwas einzuwenden. Weshalb also eckt Touihri derart an? Natürlich, move setzt sich für einen VSUZH ein, der mehr Dienstleister wäre als politisches Sprachrohr. Das geht vielen gegen den Strich.
Schwierig im Umgang
Ausserdem gliedert er sich nicht in die übliche Gangart des VSUZH ein: Elend lange Diskussionen über Reglemente, ein biertrinkender Vorstand und die Kollegen aus dem Fachverein statt die Kompetentesten wählen: Gegen alles hat er schon protestiert. Mit den Abläufen nimmt er es nicht so genau, und statt in die vorbereitende Sitzung zu gehen, reisst er grosse Diskussionen im Plenum an, was die Sitzungen verlängert. Das Entscheidendste dürfte aber Touihris Art sein. Er wird schnell emotional, kann sich ziemlich enervieren und will aus Prinzip überall mitreden. Spricht man die anderen Fraktionen auf ihn an, wird denn auch vor allem dies bemängelt. Am direktesten ist die kriPo. Unverblümt schreibt sie in ihrer Stellungnahme: «Alex Touihri bringt sich nicht konstruktiv im VSUZH ein.» Er sei selten anwesend und kandidiere aus Prinzip für fast alle Posten. Dazu verhalte er sich gegenüber den universitären Stellen oft unkooperativ und teilweise sogar grob und sei nicht dossiersicher. Wolle der VSUZH Einfluss nehmen, sei es wichtig, dass man von der Uni ernst genommen wird. Dies werde durch solches Verhalten «torpediert», schreibt die kriPo weiter.
Ins gleiche Horn bläst die filo-Fraktion. Sie lobt Touihris Engagement und begrüsst die unternehmerische Perspektive, die er in den Rat bringe. Aber auch sie schreibt: «Wir würden es durchaus begrüs-
sen, wenn er diese Perspektive mit seiner Fraktion noch konsequenter, disziplinierter und konsensorientierter einbringen könnte.» Zusätzlich fehle der rote Faden bei den Forderungen von move. Die anderen angefragten Fraktionen wollten sich zu move nicht äussern. Dass er auf wenig Gegenliebe im Rat stösst, ist Touihri bewusst: «Ich bin wie das Kind auf dem Pausenplatz, das zwar immer mitspielen will, aber nie darf. Auch wenn im einen Team noch jemand fehlt.»
Demokratische Mauscheleien
Im VSUZH sieht das dann so aus, dass er sogar in Wahlen nicht gewählt wurde, bei denen kein Gegenkandidat zur Verfügung stand. In vertraulichen Gesprächen wurde der ZS bestätigt, dass manche Teile des Rates aktiv zu verhindern versuchten, dass er in wichtige Gremien gewählt wird. Der Vorstand zeigt sich manchmal offen feindselig gegen ihn und er wurde auch schon gar nicht erst auf der Liste der möglichen Kandidaten aufgeführt. Demokratiepolitisch ist dies alles andere als sauber.
Aber auch move nimmts nicht immer so genau. Denn um den VSUZH dorthin zu bringen, wo er ihn gerne hätte, braucht Touihri eine viel stärkere Fraktion. Sein Ziel: «move will die Mehrheit im VSUZH.» Dafür war er auch bereit, über 10’000 Franken zu investieren. Um auf möglichst viele Kandidierende zu kommen, hat die Fraktion mehrere Leute an ihren Ständen überredet, eine Wahlannahmeerklärung zu unterschreiben. Danach wurden sie auf die Liste gesetzt, ohne dass sie das wirklich wollten. Dies erklärt zum Teil auch, weshalb move in der Wahlzeitung so blass aussah. Der andere Grund dafür war, dass Touihri nicht gesagt worden war, wie genau die Wahlzeitung aussehen wird. Es wurde mal wieder an ihm vorbei entschieden.
Schlussendlich stand Touihri aber nicht auf seiner eigenen Liste. Er wurde gestrichen, weil er die Studiengebühren zu spät bezahlt hatte. Ziemlich sicher ist Touihri aber auch in dieser Legislatur wieder im Rat mit dabei. Denn viele auf der move-Liste haben sich bereiterklärt, auf ihre Plätze zu verzichten, damit Touihri nachrücken kann. Das Liebesdrama wird also bald um einige Akte reicher sein. ◊