Liebestrunken: Element of Crime im Kaufleuten. Michael Kuratli

Keine Angst vor Kitsch

21. November 2016

Element of Crime bespielten am Sonntag das Kaufleuten. Die Band um Romantiker Sven Regener brachte die Liebe zurück in die Stadt und erwärmte gar die Herzen lediger Studenten.

Drei Studenten gehen ins Kaufleuten. Was als Einstieg in einen schlechten Witz dienen könnte, musste gestern für den Konzertbesuch von Element of Crime herhalten. Keine schlechte Voraussetzung, erwartet Mann schliesslich nur alte Männer auf der Bühne. Keiner der Dreien ist ein eingeschworener Fan, auswendig mitsingen könnte keiner. Ein paar chauvinistische Sprüche unter sich und ein Bier; der Männerabend kann beginnen.

Doch, fragt einer der Runde beim Blick in dieselbe, was machen all die Paare hier? Eine verschwommene Erinnerung an ein schlammiges Southside-Festival kommt auf. Black Rebel Motorcycles Club spielten auf der Hauptbühne und Sven Regener schrie mit erhobenen Armen verzweifelt «Romantik!» ins schlecht gelaunte Publikum, das nach der Enttäuschung von Massive Attack jetzt endlich mal richtigen Krach erwartete. Gut möglich, dass das Zielpublikum am gestrigen Abend etwas gezielter angegangen wurde. Es könnte also kitschig werden.

Heavy Love

Klar, Heavy Metal erwartet an diesem trockenen Frühwinterabend niemand, aber die Norddeutschen gestalten ihren Einstieg doch ziemlich gemächlich. Der Bassist scheint sich etwas zu langweilen und auch die sauber aufgereihte Instrumentenparade des Gitarristen harrt noch ihrer Bestimmung. Derweil raunt sich der Mann des Abends in Stimmung: Die Liebe sein ewig iteriertes Schelmenstück samt metaphysischem Erkenntniswert.

Und ja: Stimmung kommt allmählich auf und auch etwas Tempo legt sich in das Konzert. Gitarren werden gewechselt, der Saxophonist steuert das seine zum Wehmutskitsch bei und der Sänger greift herzhaft zur Trompete. Schunklig schön arbeitet die routinierte Crew sich in alte Stücke hinein und in neue, die den Nostalgiker nicht enttäuschen. So stehen drei einsame Seelen im vollen Raum und schauen den Paaren zu, die zur rauen Stimme des Bremers wippen. Ja, verliebt umschlungen wäre es einfacher. Aber so bleibt nur, den grausamen Pathos auszuhalten, vor dem der Romantiker hinter dem Mikrofon nicht zurückschreckt; und neidisch zu werden. Möchte man nicht auch so schamlos kitschig sein? So unverfroren liebestrunken?

Musikalische Umarmung

Die ersten Händehaltenden müssen schon gehen, als die Band sich in eine Mariachi-Fröhlichkeit hineinspielt, die auch zölibatäre Studenten in Bewegung versetzt. Der Damm der Sachlichkeit ist gebrochen, keine Ironie kommt mehr gegen die heiter-schwärmenden Gefühlspakete an. Lied um Lied gewinnt das verbrecherische Element die Herzen der Verbleibenden. Und endlich, als der letzte Ton verklungen ist, dämmert es den einsam Wippenden: Wir wurden unentwegt umarmt.