Wie aus einer Schülerzeitung: Inserate im A-Bulletin.

Geheimnisvolles Heftchen

Das linksalternative A-Bulletin lebt von kuriosen Inseraten. Die Macher setzen auf Mund-zu-Mund-Propaganda und geben keine Auskunft. Eine Spurensuche.

28. Oktober 2016

Das A-Bulletin erscheint alle zwei bis drei Wochen, wahrscheinlich, sobald wieder genug Inserate beisammen sind. Diese sind das Herzstück des linksalternativen Blättchens. Daneben gibt es einen redaktionellen Teil auf sieben Seiten, dessen Themen von der obligatorischen Vieh-impfung gegen Blauzungenkrankheit über die Waldkindergarten-Bewegung bis hin zum «Monsanto-Tribunal» reichen.

Die Inserate im A-Bulletin sind hingegen ein Spiegel der Leserinnen- und Leserschaft: Es werden Familien für gemeinschaftliche Wohnprojekte und Mitarbeitende für Heilpflanzen-Kristall-Energiegärten gesucht. Es werden Spinnkurse und Krafttier-Kinderferienlager angeboten, Border-Collie-Welpen sollen platziert, Unterkünfte wollen gefunden werden. Verena bietet handgestrickte Unikate an und Lukas möchte bis zu 25 Leute bekochen. Schliesslich werden auch Jenseitskontakte, mongolische Jurten und Naturbruthühner angepriesen; und eine Tantra-Disco macht nur zwei Seiten nach einem Feuerläufer Werbung. Viele der Inserate sind handgeschrieben; es entsteht eine vielfältige Collage, gedruckt mit Ökostrom auf Ökopapier.

Lieber kein Kontakt

Das ungeheftete Heftchen ist nur im Abo zu haben und soll vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda verbreitet werden. Die Macherinnen und Macher sind denn auch nur per Post oder Telefon zu erreichen, eine Webseite existiert nicht. Der Verzicht auf digitale Kommunikation ist offenbar Programm: «Wir verschweigen bewusst unsere Mailadresse, damit wir nicht von Mails überschwemmt werden», lässt sich in einem Statement auf nachhaltigbeobachtet.ch lesen. «Wir möchten weiterhin gemächlich funktionieren.»

Einer der Herausgeber des Blättchens ist Georg Pankow. Er lehnte ein Interview ab und war auch nicht zur Herausgabe publizistischer Daten bereit. Somit ist unklar, seit wann genau das A-Bulletin erscheint und ob der Verein daran etwas verdient.

Alternative zur Kurzlebigkeit

Es bleibt also nur die Spurensuche unter angestammten Leserinnen und Lesern. Der bernetblog, ein Blog zur PR- und Medienwelt, findet, das Durchblättern des Bulletins sei «wie Wühlen in der Schatztruhe». Und ein Naturheilpraktiker und langjähriger, treuer Leser beschreibt es auf seiner Website als «kleines, feines Stück Lesestoff für ruhige Minuten». Nicht schlecht, so viel Lob für ein schwarzweiss gedrucktes Blättchen, dessen fünf Doppelseiten nur lose ineinanderliegen.

Auch Gabi und Beat Böckli aus Winterthur, die noch knapp zur 68er-Generation gehören, sind vom A-Bulletin begeistert. Sie haben es seit «mindestens zehn Jahren» abonniert, haben selbst auch schon «für Ferienwohnungen» inseriert und sich auf Inserate gemeldet: «Wir wollten mal mitmachen bei einer Hotelgenossenschaft im Kanton Uri – das kam aber nicht zustande». Seit ein Gast ihn darauf ansprach, legt Beat Böckli die Publikation jeweils in seinem Restaurant auf: «Viele der Gäste schätzen es, neben all dem Kurzlebigen heutzutage.»

Im Branchenverzeichnis der linken Wochenzeitung WoZ wirbt das Blättchen mit dem Slogan: «Inserate im A-Bulletin können dein Leben verändern.» Dass das stimmt, bestätigt auch das Ehepaar Böckli: Sie haben mehrere Bekannte, die durch ein Inserat darin einen neuen Job finden konnten. Oder sogar den zukünftigen Ehemann. ◊