Editorial #1/15

Editorial

20. Februar 2015

Feindbilder — In den Achtzigerjahren war er das Feindbild Nummer 1 der Studierenden: Alfred Gilgen. Heute schimpfen die Studierenden an Kundgebungen Bildungsdirektorin Regine Aeppli eine «Banane». Das wirkt herzig – damals wünschten die Demonstrierenden Erziehungsdirektor Alfred Gilgen noch «an den Galgen».

Aber die Welt war dazumal auch einfacher. Es herrschte Kalter Krieg. Es gab Gut und Böse. Kapitalismus und Kommunismus. Es gab Gilgen (staat-liche Repression), und es gab die «Bewegten» (Freiheit). Heute gibt es an der Uni keine kollektiven Feind-bilder mehr. Die Einen freut es, wenn FIFA-Chef Sepp Blatter einen Vortrag halten kommt, die Anderen protestieren gegen seinen Besuch. Dass es heute an Feindbildern fehlt, ist ein Ausdruck davon, dass sich die Studierenden über fast nichts mehr aufregen können – ausser über das crashende Modulbuchungssystem und das nicht vegane Angebot in der Mensa natürlich.

In den Achtzigerjahren war dies ganz anders. Zu Spitzenzeiten protestierten über zweitausend Personen an der Uni. Diese Demonstrationen richteten sich vor allem gegen Gilgen. Die ZS hat ihn für diese Ausgabe getroffen – und festgestellt: Er ist kein Bösewicht, sondern einfach ein wenig frech. Auch mit 84 Jahren ist bei ihm von Altersmilde keine Spur. Selbst die beiden ehemaligen Bewegten, die wir mit ihm an den Tisch gesetzt haben, mussten zugeben: Der Mann hat Humor. Was beim Treffen der ehemaligen Kontrahenten sonst noch Überraschendes herauskam: ab Seite 19 das Gespräch.

Nina Kunz, Redaktionsleiterin