Wie der Lichthof auf einem Drohnenflug aussieht? So. Facebook Lange Nacht der Karriere

Kondome statt Karrieretipps

Lange Nächte gibt es für Museen, Hotel-Bars und neu auch für die Karriere.

28. November 2014

Kaum hatte der Gong die letzte Stunde ausgeläutet, strömten massenweise Leute in den Lichthof der Uni Zürich zur «Langen Nacht der Karriere». Vom Gymischüler bis zur Master-Absolventin war alles dabei. Sie standen Schlange für professionelle Fotoshootings oder Gratis- Stofftaschen. Bereits die ersten Vorträge um 18.30 Uhr durften sich eines grossen Publikums erfreuen. Über dem Geschehen schwebte eine Ballon-Drohne, die wie ein riesiges Auge angehende Karrieristinnen und Karrieristen erspähte.

Gute Frauenquoten

In der Haupthalle waren unter anderem die «Credit Suisse» mit Übungs-Bewerbungsgesprächen, «Schild» mit vier ausgestellten Business-Outfits sowie «Ernst & Young» mit kulinarischem Angebot vertreten. Regen Zulauf verzeichneten die Mini-Coachings der Career Services. Sie waren schon Tage zuvor ausgebucht.Das Programm war breit. Obwohl Jus- und Wirtschaftsstudierende am meisten profitieren konnten, gaben sich die Organisatoren Mühe, den Mythos der Berufschancen für Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler aufrechtzuerhalten. Zudem legten sie ein besonderes Augenmerk darauf, dass Frauen gut vertreten waren. Mehr als die Hälfte der Vortragenden war weiblich und erklärte, wie Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen seien.

Dann machten wir uns auch schon auf in Richtung ETH. Denn: So lang ist sie gar nicht, diese Lange Nacht. Beim «Millionaire Game» der «Crédit Suisse» gewinnen, an der «NZZ Campus»-Bar Kontakte für unsere journalistische Zukunft knüpfen, die Apéro-Buffets der «Boston Consulting Group» abräumen: Unser Masterplan drohte zu scheitern.

An der ETH fiel uns auf, dass an den beiden Hochschulen identisch aussehende Programmhefte mit unterschiedlichem Inhalt verteilt wurden. So wussten die Besuchenden an der Uni Zürich nicht, dass derselbe Anlass auch an der ETH stattfand, und umgekehrt. Schade.

Nur an der ETH winken Jobs

Der Hunger trieb uns zunächst an die Stände der Unternehmensberater. Nachdem wir ein paar Sushi-Häppchen vertilgt hatten, erklärte uns eine Firmenvertreterin, dass man sich nicht direkt bewerben könne. Sie gebe uns aber mal ihre Business Card weiter, man könne sich auf einen Kaffee mit ihr treffen. Wir wollten aber keinen Job, klauten noch zwei Samosas und zogen weiter.

An der Langen Nacht ist es einfach, ins Gespräch zu kommen, auch wenn man sich bei beliebten Referierenden ein wenig nach vorn kämpfen muss. Allerdings hatten wir den Eindruck, dass man an der Uni eher generelle Informationen bekam, während an der ETH bereits konkrete Jobs winkten – sollte man sich denn genug um das Visitenkärtchen bemüht haben. So erklärt sich zumindest, wieso die beiden Veranstaltungen mehr oder weniger getrennt voneinander stattfanden; das Publikum sowie die Repräsentanten schienen nicht die gleichen Ziele zu haben.

Nicht alle Firmen konnten durch ihre Mitarbeitenden oder ihr Betätigungsfeld überzeugen. Dafür bekamen wir einen Eindruck davon, für welche Firmen wir später sicher nicht arbeiten möchten. Als wir uns in der Hoffnung auf intellektuellen Austausch an die «NZZ Campus»-Bar begaben, wurden wir enttäuscht. Kein Journalist weit und breit. Als Entschädigung reichte uns der Bartender zwei Kondome in «NZZ Campus»-Verpackung. Wir verstanden nicht so ganz , welches Karrieremodell sich hinter diesem Geschenk verbirgt, und zogen weiter zum Feierabendbier im bQm.