Editorial #5/14

Editorial

24. Oktober 2014

Diskurs — Ich nerve mich über dieses Editorial. Denn ich bin der «Weltwoche» auf den Leim gegangen. Wer sich über deren Artikel aufregt, darüber spricht und sich im schlimmsten Fall öffentlich dazu äussert, trägt dazu bei, dass die «Weltwoche» ein Erfolgsmodell bleibt. Daher bin ich im Clinch mit mir selbst. So kam es dazu: Die «Weltwoche» warf dem Geschichtsprofessor Philipp Sarasin vor, er habe seiner Lebensgefährtin, Professorin Svenja Goltermann, zu einem Lehrstuhl an seinem Institut verholfen. Nun beteuert Sarasin gegenüber den Medien, ihre Beziehung habe erst später ange­fangen. Niemand kann beurteilen, welche Version stimmt. Aber es ist sicher nicht richtig, dass eine profilierte Professorin zur Geliebten eines mächtigen Mannes herabgestuft wird. Wären die Geschlechter in dieser Geschichte vertauscht, so hätte es bestimmt geheissen, Sarasin sei halt karriere­­geil und darum sei ihm kein Mittel zuwider, um seine Ziele zu erreichen. Aber Goltermann wird als Frau in die Passivität gedrängt. Denn anscheinend schlafen sich Frauen hoch, während Männer für ihren Erfolg kämpfen. Frauen haben einen Körper, Männer einen Kopf. Der Clinch: Gegen Sexismus muss angeschrieben werden, über solche Artikel aber geschwiegen, damit sie so schnell wie möglich wieder vergessen werden – was tun? Als erste Massnahme: In dieser ZS gibt es keinen Text zu den Vorwürfen. Aber dafür auch keine sexistischen Beiträge.

Nina Kunz, Redaktionsleiterin