Editorial #6/13

Editorial

29. November 2013

In meinen fünf Jahren in der ZS-Redak­tion haben sie mir viele Spitznamen wie Coco, Cöse oder Schokolococolo gegeben. Einer der ersten aber war «Dicktator». Wohl weniger wegen meines Hangs zum Despotismus als viel mehr wegen meiner Liebe zum Essen. Es gab nämlich kaum eine Si­tuation, in der ich durchgreifen musste. Das hat vor allem mit dem grossartigen Team zu tun, auf das ich in dieser Zeit zählen durfte. Mein Ziel war es, Reaktionen zu provozieren – gleichgültig, ob positive oder negative –, auf keinen Fall aber ignoriert zu werden. Dieses Ziel haben wir erreicht. Wir haben Preise gewonnen und viele positive Rückmeldungen erhalten. Am meisten freute ich mich aber über wütende E-Mails. Ein Leser bezeichnete die ZS als «marxistisches Kampfblatt», ein zweiter fragte: «War da nicht auch so ein Käse mit an der Uni duschen, waschen, schlafen, essen, über­leben, wo man gut sehen konnte, wie sinnvoll Corsin seine Zeit nutzt?» Und danke dem Leser, der die ZS in seinem Kugelgrill anzündete und davon ein Foto schoss. In letzter Zeit ist das Blatt berechenbarer ge­wor-den, und das hat mit Macht zu tun. Weil ich die ZS verhältnismässig lange leitete, habe ich ihr zu sehr meinen Stempel aufgedrückt. Die ZS lebt aber davon, sich ständig zu verändern. Es wird Zeit, meinen Platz in der Redaktion für meine Nachfol­gerin freizuräumen. Nina ist genauso motiviert, wie ich es damals war, und kann sich nach wie vor auf ein grossartiges Team verlassen. Ich rate ihr Folgendes: Mach es auf keinen Fall so wie ich, sondern anders und besser – die Reaktionen werden nicht ausbleiben.

Corsin Zander, Redaktionsleiter