Sophie Sumburanes Debüt. sophie-sumburane.de

Mord und Totschlag aus der Nachwuchsabteilung

Die Leipziger Masterstudentin Sophie Sumburane veröffentlicht mit «Gestörte Verhältnisse: Janine Anders ermittelt» in diesen Tagen ihren ersten Kriminalroman. Was taugt das Buch? Eine Germanistikstudentin ermittelt.

13. Oktober 2012

Sucht man jemanden, um eine Buchrezension zu schreiben, kann man kaum eine schlechtere Wahl treffen, als einen Germanistikstudenten (pardon: Germanistikstudierenden). Unsereins verbringt einen Grossteil seiner Zeit damit, die Werke anderer zu zerlegen und das teilweise mit einem gewissen Vergnügen. Im Zuge dessen lernt man, selbst die Scheu vor den Grossen der deutschen Literatur abzulegen und ihre Arbeit zu hinterfragen. Man darf es mir also nicht übelnehmen, wenn ich mit einer gewissen kritischen Grundhaltung an ein Buch herangehe, das nicht nur dem oftmals belächelten Genre «Kriminalliteratur» angehört, sondern zudem von einer sehr jungen Schriftstellerin (Jahrgang 1987) verfasst wurde.

In vielerlei Hinsicht liefert «Gestörte Verhältnisse», der Debütroman von Sophie Sumburane, exakt das, was man von einem modernen, deutschen Krimi erwartet: Da haben wir die engagierte, chronisch überarbeitete Ermittlerin mit der tragischen Vergangenheit, die am Spagat zwischen Familie und Beruf fast zerbricht. Oder die lokale Verortung in Leipzig, die Authentizität bringen soll, den Leser dabei aber etwas zu genau über das dortige Strassenbahnnetz informiert.

Dem Trend der nordischen Krimiromane folgend, mangelt es auch nicht an sexueller Gewalt und Verstümmelung. Ausserdem finden wir hier ein Stilmittel, dem man in den letzten Jahren gerade in diesem Genre nicht entrinnen kann: die Verwendung mehrerer Erzählstränge. Für eine Erzählform, die praktisch vom retardierenden Moment lebt, ist die Benutzung dieses narrativen Kunstgriffs absolut legitim.

Was uns Sumburane hier präsentiert, ist ein grundsolider Krimi in einem sehr angenehmen Stil. Es ist zu hoffen, dass sie bei ihrem nächsten Buch grössere Risiken eingeht und sich von den allzu vertrauten Topoi zu lösen weiss. Beim Lesen bemerkt man, wie die anfänglich etwas zaghaft wirkende Geschichte zunehmend an Persönlichkeit und Originalität gewinnt. Gerade die Mosambik-Thematik wäre sicher weiter ausbaubar, da die Autorin seit ihrer Jugend mit dem Land vertraut ist und durch ihren Mann und dessen Familie sogar eine persönliche Verbindung hat. Die wenigen Stellen, die in Afrika spielen, überstrahlen die restliche Geschichte mit ihrem Charme und erscheinen so liebevoll und originell, dass sie einem am ehesten im Gedächtnis bleiben. Im Verlaufe des Romans zeigt sich der persönliche Stil der Autorin immer stärker und besonders das ausgesprochen überraschende Ende sorgt für einen bleibenden Eindruck.

Für regelmässige Krimileser oder diejenigen unter uns, die sich an einem Sonntagabend öfters mal dabei ertappen, vor dem «Tatort» zu sitzen, bietet «Gestörte Verhältnisse» kurzweilige Unterhaltung von einer unverbrauchten, jungen Stimme. Wenn sie es schafft, ihre Stärken weiterhin auszubauen, würde es nicht überraschen, wenn es ihr gelänge, sich in dem von ihr erwählten Genre zu etablieren.

Sophie Sumburane: «Gestörte Verhältnisse: Janine Anders ermittelt».

Erschienen 2012 bei fhl Leipzig

230 Seiten, 17.90 CHF

ISBN: 978-3-942829-36-6

Weitere Infos finden sich auf der Homepage der Autorin.