Die Union zieht in den Bürgerkrieg. © 2012 Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved

Lincoln gegen Blutsauger

In «Abraham Lincoln: Vampire Hunter» wird der Biographie von Uncle Abe ein frischer Anstrich in Blutrot verpasst. Das 3D-Spektakel startet diese Woche in unseren Kinos.

4. Oktober 2012

2009 sorgte ein Überraschungserfolg auf den vorderen Rängen der amerikanischen Bestseller-Liste für erstaunte Gesichter: Seth Grahame-Smiths Buch «Pride and Prejudice and Zombies» ging über die Ladentheke wie warme Brötchen und legte damit auch gleich den Grundstein für das postmodernistische Genre des Mash-ups. Bekannte Stories (in diesem Falle Jane Austens Klassiker «Pride and Prejudice») werden hier abgeändert. Dies allerdings so wenig, dass der eigentliche Plot noch vorhanden ist, aber doch so stark, als dass nun Zombies im herumirren und die Bennett-Schwestern zum Schwert greifen müssen, um den Untoten den Rückweg in ihre nassen Gräber zu zeigen.

Nach dem Erfolg des Erstlings liess Grahame-Smiths zweites Werk nicht lange auf sich warten: Nur ein Jahr später erschien «Abraham Lincoln: Vampire Hunter». Der Autor erfindet darin die amerikanische Geschichte kurzerhand neu und verwebt die Biographie des 16. US-amerikanischen Präsidenten mit einer flotten Vampirgeschichte. Und auch hier gilt: Wo immer ein erfolgversprechendes Goldeselchen ins Bücherregal gestellt wird, kann eine Hollywood-Adaption nicht weit sein.

Wenn Abe Lincoln das Beil schwingt …

In «Abraham Lincoln: Vampire Hunter» haben sich die hungrigen Vampire auf den Plantagen des konservativen Südens eingenistet. Sie gedeihen ungestört, geniessen frisches Sklaven-Blut und dringen wie eine Pestwelle in den liberalen Norden vor – wäre da nicht der junge, wilde Abe Lincoln, der sich seit dem gewaltsamen Tod seiner Mutter der Vampirjagd verschrieben hat. Tagsüber mit seinem Aushilfsjob beschäftigt, sammelt er bei Nacht die Köpfe von Illinois’ Vampiren ein. Bald fühlt er sich zu einem politisch höherem Amt berufen, predigt von der Freiheit für alle und dem Ende der Sklaverei. Als der Vampirjäger ins Weisse Haus gewählt wird, zieht der Norden gegen den Süden in den Sezessionskrieg – und trifft auf aggressive Blutsauger an vorderster Front.

Das volle Blockbuster-Programm

Wer sich von Timur Bekmambetovs Film nun einen humorvollen Abgesang auf das Vampir-Genre à la «The Fearless Vampire Killers» oder Mel Brooks «Dracula: Dead and Loving It» erhoffte, hat weit gefehlt. Trotz interessantem Twist – der Kampf zwischen der Union und den Föderierten wird zu einer Schlacht zwischen Lebendigen und machthungrigen Untoten – schafft es der Film nicht, an die Vielschichtigkeit der Klassiker heranzukommen. Dafür bietet der Streifen das volle Blockbuster-Programm: Mit halsbrecherischen Stunts, explodierenden Lokomotiven und kübelweise Vampirblut versucht er, an das Action-Kino von heute anzuknüpfen. Die Story entfaltet sich rasant, die Kampfszenen in Zeitlupe stehen in bester «The Matrix»-Tradition und trotzen sämtlichen physikalischen Regeln. Und wer eine Vorstellung in 3D besucht, dem schwingt Uncle Abe persönlich die virtuelle Axt um die Ohren.

Neben dem ganzen Spektakel vergisst der Film leider, witzig zu sein. Obwohl der Plot Anlass genug für komische Momente gibt, begnügt er sich mit einigen harmlosen Witzen über Lincolns Zylinder. Der ironische Grundton, den man von einem Mash-up erwartet, fehlt vollkommen – für das nimmt sich der Film selbst zu ernst.

Aber: Die Hoffnung auf einen gelungen Mash-up-Film muss noch nicht ganz über Bord geworfen wer-den: Für 2013 ist auch eine Adaption von Grahame-Smiths «Pride and Prejudice and Zombies» geplant, diesmal aus Lionsgate-Entertainments Schmiede und mit Natalie Portman als Produzentin. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Film sein Potential ausschöpft.

Regie: Timur Bekmambetovs

Drehbuch: Seth Grahame-Smith

Laufzeit: 105 Minuten

Filmstart: 03.10.2012

Schauspieler: Benjamin Walker, Mary Elizabeth Winstead, Alan Tudyk, Dominic Cooper

Für wen: Für Freunde von actiongeladenen Kampfszenen und rassigen Stories bietet der Film das volle Programm – alle, die auf eine doppelschichtige Story gehofft haben, bleiben lieber zu Hause und geniessen noch einmal Polanskis «The Fearless Vampire Killers».