Das Ende von Mikkels Heimfahrt. TMDb.pro

«Kapringen» – gnadenloser Realismus

Der dänische Regisseur Tobias Lindholm zwingt die Zuschauer in seinem Thriller «Kapringen» (englischer Titel: «A Hijacking») mitten in die nervenaufreibenden Verhandlungen um eine Schiffsentführung.

26. September 2012

Der Familienvater Mikkel ist Koch auf dem dänischen Frachter Rozen, der sich bereits auf der lang ersehnten Heimfahrt befindet. Vor der somalischen Küste geraten das Schiff und die zwölfköpfige Besatzung jedoch in die Gewalt von Piraten. Mikkel hat ab sofort täglich für die Entführer zu kochen – meistens mit einem Gewehrlauf im Rücken. Zudem wollen die Kidnapper durch sein eindringliches Flehen über Telefon den Druck auf die Verantwortlichen des Kargo-Unternehmens erhöhen und diese so zur Bezahlung der horrenden Lösegeldforderungen zwingen. Der CEO Peter Ludvigsen, der die Verhandlungen höchstpersönlich in die Hand nimmt, ist allerdings ein knallharter Geschäftsmann. Die erst noch hoffnungsvollen Anrufe werden für Mikkel immer mehr zur psychischen Belastung, denn auch wenn sich beide Verhandlungsseiten weigern, ihn über die Höhe der Beträge aufzuklären, so ist es für ihn doch offensichtlich, dass man zu keiner Einigung kommt.

Nervenkrieg für alle Beteiligten

Auf der einen Seite wird die Nahrung auf dem Schiff immer knapper und die Geiseln haben immer mehr unter den misslichen Bedingungen sowie den Launen der Piraten zu leiden. In Dänemark wiederum kommt Peter den Familienmitgliedern der entführten Männer gegenüber in immer grössere Erklärungsnot. Doch keine Seite will dem psychischen Druck des Gegners nachgeben, wodurch sich die Verhandlungen über Monate hinziehen.

Regisseur Lindholm ist hier gnadenlos realitätsnah. Gemeinsam mit den beiden Hauptprotagonisten erwartet man ungeduldig den nächsten Anruf, das nächste Fax, auf welchem dann am Ende vielleicht nur steht, man habe gerade noch zu warten. Immerhin hat man als Zuschauer lange den ständigen Blick auf beide Perspektiven, ehe uns Lindholm auch dessen noch beraubt und die Spannung damit in atemlose Höhen schraubt.

Äusserste Authentizität

Den Prinzipien der Dogma-95-Bewegung folgend, legte Lindholm, dessen Vater Seemann war, grössten Wert auf Authentizität. Dem Dreh ging eine gründliche Recherche voran, gefilmt wurde im dokumentarischen Stil und unter den Nebendarstellern finden sich einige, die bereits einmal eine Schiffsentführung erlebt haben. Dem vorgeschrieben Handlungsverlauf folgend, sind die Szenen zudem ungeprobt und mit einigem an Improvisationskunst gedreht.

Dies alles trägt dazu bei, dass man als Zuschauer fast pausenlos mitfiebert, gar mitleidet. Ein starkes Stück Spannungskino.

Regie: Tobias Lindholm

Laufzeit: 110 Min

Erscheinungsdatum: 2012

Mit: Pilou Asbaek, Sören Malling, Dar Salim

Für Wen: Für alle, die kompromisslose Spannung «mögen».