StuRa-Präsident Martin Roeck würde gerne in den Weltraum fliegen. Patrice Siegrist

Höhenflug kommt vor dem All

Der StuRa-Präsident Martin Roeck steht mit beiden Füssen auf dem Campus und träumt von Reisen in den Weltraum.

22. September 2011

Martin Roeck will fliegen lernen, am liebsten bis ins All – sagt er, als die ZS ihn nach seinen Träumen fragt. Aber das gehe ja nicht, fügt er schmunzelnd hinzu. Man hätte denken können, dass der StuRa-Präsident besonnenere Träume hätte, als abzuheben. Immerhin wird über ihn gesagt, er behalte stets den Überblick, sei per iPhone allzeit zu erreichen, klug und sportlich und halte Historiker für Geschichtenerzähler.

Überraschenderweise meint der 21-Jährige, dass er auf keinen Fall in die Politik wolle. Unzufrieden wirkt er in seinem Amt jedoch nicht. Ist er auch nicht: «Der StuRa macht mir Spass.» Doch dass er für die Politik zu ehrlich sei, wie er selbst bemerkt, dass glaubt man dem fröhlich lachenden Studenten sofort. Jedoch habe er bereits gelernt, die Dinge schönzureden, oder zumindest da zu schweigen, wo das Gegenüber (in seinem Fall wohl die Universitätsleitung) besser nicht Bescheid wissen sollte. Klingt eher rational, nicht abgehoben.

Von der Psychologie zur Philosophie

Martin Roeck stammt aus einer Akademikerfamilie. Sein Vater ist der ehemalige Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich, seine Mutter studierte Kunstgeschichte. Er ist das zweite von drei Kindern, sein älterer Bruder studiert Wirtschaft, seine kleine Schwester hat gerade ihre Matura absolviert. Ein hartnäckiger ECTS-Punkte-Sammler, der an der Uni nur holt, was er für seinen Transcript of Records und einen markttauglichen CV braucht, ist Roeck jedoch nicht. Im Gegenteil. Angefangen zu studieren hat er Psychologie. Über das anfängliche Nebenfach Philosophie kam er zur Logik, von da zur Mathematik. Was er damit später machen will, weiss er noch nicht. Und bevor die ZS fragen kann, ob man denn bei der NASA Philosophen brauche, sagt der junge StuRa-Präsident mit wachen Augen: «Irgendwie geht es doch immer».

Noch jung und unentschlossen

Trotz seiner aufgeweckten Art ist zuweilen schwer einzuschätzen, ob er kindlich oder doch lebenshungrig und bodenständig ist. Dann zum Beispiel, wenn er bereitwillig anbietet, sich für das Portraitfoto in seinem neuen Fliegerkostüm, das er sich für die Erstsemestrigenparty beschafft hat, ablichten zu lassen. Oder wenn er meint, dass es vielleicht gut wäre, die Studentenratsmitglieder würden ihre StuRa-T-Shirts auch auf dem Campus tragen, um als Ansprechpartner mehr physische Präsenz zu zeigen. Seine häufigsten Phrasen, die «sich nicht festlegen» und «ich bin ja noch jung» sind, offenbaren einerseits seine jungenhafte Seite. Andererseits zeigt sich in dieser Offenheit ein Lebenshunger, der nicht naiv, sondern interessiert und aufgeklärt wirkt. Nicht festgelegen kann er beispielsweise, wohin er überall noch reisen möchte. Diesen Sommer verbrachte er fünf Wochen in Korea, eine davon in Nordkorea. Gerne möchte er weiter in «chaotischeren Ländern», z.B in Südamerika oder Kambodscha reisen, erzählt er, als hätte er sich gerade erst in die Welt verliebt. Auch arbeiten würde der Reisefiebrige gerne im oder mit dem Ausland – was und wo, wird sich weisen. Er ist ja noch jung. Er muss sich noch nicht festlegen.

Machen statt reden!

Wenn er sich darüber beklagt, dass die Universität nie proaktiv Geld geben würde, sondern immer zuerst alles abgesichert und nachgeprüft haben wolle, zeigt sich sein Tatendrang und sein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. «Machen!» scheint seine Devise zu sein. Er versteht die vielen Studierenden, die sich beklagen und dann doch nichts tun, genauso wenig wie den langsamen Administrationsapparat der Universität. Langsam scheint Roeck sowieso nicht zu sein – weder im Handeln noch im Denken. Er reagiert schnell auf die Fragen, nickt, noch bevor ein Satz fertig formuliert ist, und wirkt die ganze Zeit über etwas hibbelig. Stille mit Reden zu überbrücken, scheint ihm angenehmer zu sein, als sie als Ruhe zu geniessen. Doch auch wenn sich seine Gedanken zuweilen fast zu überschlagen scheinen, wirkt er beim Reden eloquent und geordnet. «Ein strenger Logiker», sagt sein Vater über ihn – und wie war das mit den Historikern, die er angeblich für Geschichtenerzähler hält?

Ja, das sage er dem Vater gelegentlich, gesteht er lachend. Die seien wohl aber schon mehr, meint er dann noch versöhnlich. Bei der SUZ – dem bisher grössten politischen Projekt seiner Amtsperiode – habe der Blick auf die Geschichte sehr geholfen. Der StuRa schaffte es, das Parlament davon zu überzeugen, die Studierendenschaft der Universität Zürich – kurz SUZ – in eine eigenständige öffentlich-rechtliche Anstalt umzuwandeln. Wissen, was schon probiert wurde, was nicht funktioniert hat, und es dann besser machen. Eben: streng logisch!

Irgendwo zwischen All und Überall

Wenn man genügend Wurzeln hat, ist fliegen lernen nicht so schwer. In Martin Roeck wurzeln Selbstvertrauen und Zuversicht, sodass er zwischen All und Überall noch einige Ziele erreichen wird. «Es ist doch eine Frage der Ansprüche, die man hat, oder?» Das stimmt wohl. Und dass er auf dem Bau arbeiten oder einfach einen Doktor machen könnte, stimmt wohl auch. Mit so viel Lockerheit und positiver Energie, mit der Roeck sich im Unidschungel bewegt und en passant die Universität gleich mit bewegt, glaubt man ihm gerne, dass es schon irgendwie geht – auch dann, wenn er das Campusnest verlässt und flügge wird!