Editorial #3/11

Editorial

6. Mai 2011

«Die Geschichte vom Baron war eigentlich ganz interessant, aber viel zu lang», kritiserte kürzlich der Wirtschafts-Journalist lic. phil. Bernhard Bircher-Suits im Rahmen einer Blattkritik. Und fügte an: «Es ist zwar schade, aber heute, in der Zeit von 20 Minuten, will niemand mehr lange Texte lesen.» Der Chefredaktor des Anlegermagazins K-Geld erwähnte ausserdem noch, dass unsere Zeitung zu wenig Service biete: «Fragt euch bei jedem Artikel: Hat der Leser davon einen Nutzwert?»

In vielen Punkten hatte Bircher-Suits recht und gab uns auch wertvolle Tipps. Doch wir wehren uns vehement dagegen, die ZS der 20 Minuten anzupassen, und wir scheissen auf den Nutzwert! Wir haben das Privileg, dass wir vollkommen unabhängig über das berichten können, worauf wir Bock haben. Alle beklagen sich darüber, dass Gratiszeitungen dazu führen, dass der Journalismus an Wert verliert, und doch sollen wir uns daran orientieren? – Bestimmt nicht.

Wenn sich Studierende ungerecht behandelt fühlen (S. 4), dann berichten wir darüber, auch wenn die Geschichte vielen keinen Nutzwert bieten mag. Gute Geschichten bringen wir gross und dafür soll man sich auch Zeit nehmen – oder eben nicht und weiterblättern. Es täte uns gut, wenn wir uns öfter Zeit nehmen würden. Stattdessen bilden wir in sechs Monaten Lehrerinnen und Lehrer aus, die wir dann Primarschülern vor die Nase setzen (S. 12-15).

Manchmal täte es uns auch ganz gut, gegen den Strom zu schwimmen (S. 6-7). Und wenn wir dafür keine Kraft mehr haben, sollten wir uns zurücklehnen und ein Bier trinken (S. 24-25). Der Nutzwert ist dabei bestimmt gegeben.

Ach ja, liebe Leserinnen und Leser, wenn euch etwas nicht passt, dann schreibt uns (redaktion@medienverein.ch). Wir freuen uns über jede Art von Kritik. Wir nehmen sie gerne auf, verändern etwas oder fühlen uns in unserem Ding bestätigt. Ganz so, wie es uns eben passt.

Corsin Zander, Redaktionsleitung