Universitas

Historische Persönlichkeiten äussern sich zu Studiums-Sorgen. Dieses Mal: Serge Gainsbourg.

24. November 2010

Wegen sintflutartigem Regen liess ich letztens meine treue Luisa stehen, nahm mich aus einem fahrenden Zustand heraus, stieg ins Tram ein und verschwand aus der Welt. Es herrschte Ausnahmezustand. Eigentlich wollte ich nur zur Uni oder Universitas – zur Gesamtheit der Dinge oder der Gesellschaft. Tatsächlich war mein Tram morgens um acht zum Bersten voll vor lauter Gesellschaft, doch keiner sprach, null Kommunikation, nicht mal ein ausversehenes Augenstreifen. Die Menschen um mich herum, und letztlich auch ich selber, vermieden krampfhaft jegliche Kontaktsituation, natürlich ausgenommen jene mit einem bequemen Sitzplatz.

Trams provozieren ein Interaktionsvakuum. Ihre Insassen blicken stets abwesend in die eigene Gedankenwelt oder aus dem Fenster, so als wäre die Universitas da draussen oder dann im 20 Minuten, ja die Welt in 20 Minuten, wer will das nicht, eine Universitatem in 20 Minuten kurz und knapp und erst noch auf Papier. Hat man keine Lust mehr, zu lesen, lässt man es liegen, steigt aus und ein in die Welt.

Auf dem Fahrrad bin ich in 20 Minuten an der Uni. Wenn ich mit Luisa durch die Stadt fahre, tausche ich nonstop Informationen aus. Ganz ohne Worte, nur mit Augen- und Handzeichen wird man zu einer Quasselstrippe des Verkehrs. Dann werden selbst rudimentäre Augenblicke zu Worten, Sätzen, letztlich entstehen sogar Dialoge. Man tauscht Nettigkeiten aus, man schimpft miteinander und manchmal rettet man im Zustand der Universitatis das fremde oder eigene Leben.