Kaffeepause mit Pasquale della Corte
Charmeur und freiwilliger Tellerabräumer an der Universität Irchel.
Es ist feucht und heiss in der Abwaschküche der Mensa Irchel. Hierhin gelangt das Geschirr, nachdem es die Studierenden auf das Förderband stellen. Um zwei Uhr nachmittags sind die Angestellten immer noch daran, Berge von Geschirr zu säubern. Inmitten der Hektik sticht ein kleiner, älterer Mann heraus, der fleissig Tassen, Gläser und Teller in die Spülmaschine räumt. Sein Name ist Pasquale della Corte. Er ist ein bekanntes Gesicht am Irchel, da er meistens die Tische in den Cafeterias abräumt. Pasquale sei im Moment sehr beschäftigt, erklärt mir eine Mitarbeiterin verschwörerisch. Die Pause sei erst um drei.
Die Kaffepause ist dann streng genommen gar keine, denn das Angebot auf einen Kaffe lehnt Pasquale dankend ab. Der Mann lebt gesund. Pasquale kommt ursprünglich aus Salerno, Italien. Vor vierzig Jahren kam er in die Schweiz und arbeitete während 25 Jahren in einem Lokal am Zürichberg für dieselbe Gastrofirma, die auch die Mensa betreibt. Jetzt sei er dreiundfünfzig Jahre alt, «o come si dice?», fragt er einen anderen Mitarbeiter, der sich zu uns gesetzt hat. «Fünfundsiebzig!» erwidert dieser. Fünfundsiebzig Jahre? Müsste er dann nicht schon längst pensioniert sein? «Si! Si!» Er sei pensioniert und schon lange kein Mitarbeiter mehr.
Er mache das hier freiwillig und ohne Lohn. Für ihn sei das Geschirrabräumen Training, wie für andere Leute Fussball. Und das bereits seit fünfzehn Jahren. Denn in seinem Alter sei es wichtig, dass «das Blut in den Adern zirkuliert», erklärt er mit Händen und Füssen und seine Augen leuchten. Der Mensch müsse immer eine Arbeit und ein Ziel haben, sonst würde er krank.
Wenig Dolce Vita
Es sei mehr Arbeit geworden dieses Jahr. Aber er habe als freiwilliger Mitarbeiter natürlich das Privileg, kommen und gehen zu können, wann er wolle. Meistens arbeite er zwei bis drei Stunden am Nachmittag. Vorher mache er ausgedehnte Spaziergänge und «Kaffe trinke döt, kaffe trinka da», wie er es ausdrückt. Wenigstens ein bisschen Dolce Vita gönnt sich der rüstige Rentner.
Manchmal werde er unterwegs von Studierenden erkannt und gegrüsst. Das sei überraschend, aber es freue ihn und er grüsse jeweils zurück. Sagt er, lacht laut und winkt zur Illustration in die Luft. Mittlerweile sitzt das ganze Küchenpersonal am Tisch und hört aufmerksam zu. Familie habe er keine, weder hier in der Schweiz noch in Italien. Seine einzige Familie seien diese Mitarbeitenden, sagt er lachend und erntet zustimmendes Gelächter. Man kann sehen, dass sie den sympathischen Mann ins Herz geschlossen haben.
Die Kaffeepause wird immer lustiger und Pasquales Augen leuchten schelmisch, als er mit den Mitarbeiterinnen scherzt. Als die Pause allerdings vorüber ist, hält es den rüstigen Mann nicht mehr am Tisch. Er verabschiedet sich höflich und macht sich schnell wieder ans Abräumen. Es ist Arbeitszeit.