Prekäres Verhältnisse. Lukas Messmer

Der lange Marsch zum Mittagsschmaus

Die Mensen der Universität Zürich haben ein Platzproblem. Dieses Semester herrscht zur Mittagszeit ein grösseres Gedränge als je zuvor. Ursachen gibt es viele, Lösungen (fast) keine.

24. November 2008

Es gibt Tage, da scheint die Schlange von hungrigen Studierenden an der unteren und oberen Mensa der Universität Zürich kein Ende zu haben. Vom hintersten Ende der Warteschlange bis zur Kasse kann es da schon einige Minuten dauern. Wenn das Menü erst einmal bezahlt ist, geht die Suche nach einem Sitzplatz erst richtig los. Und nach dem Essen heisst es noch einmal anstehen, am Förderband, um das Tablett zurückzubringen. Das kann so manchem Studierenden die ganze Mittagspause kosten.

Tatsächlich sind dieses Semester die Schlangen vor den Mensen an der Uni Zentrum auffallend länger als in den letzten Jahren. Dies bestätigt auch Betriebsleiter Alfred Kläger. Den Hauptgrund sieht er im neuerlichen Aufschlag des Menüs an der Mensa der ETH Polyterrasse. Dort kostet das normale Menü nun 90 Rappen mehr als jenes an der Universität. «Ich bin überzeugt, dass dieser Unterschied einige ETH-Studierende dazu bewegt, an der Mensa der Uni das Mittagessen einzunehmen», meint Kläger. Tatsächlich lassen sich unter den Gästen einige Studierende finden, die sich auf dieses Semester hin neu an der Uni-Mensa und nicht mehr an jener der ETH verpflegen. Auch Roger Alberto, Präsident der universitären Mensakommission sieht dies als die Hauptursache für den auf dieses Semester grösser gewordenen Andrang bei den Zentrumsmensen.

Uni-Mensen wirtschaften besser

Dass an der Universität das Mittagessen billiger ist als an der ETH, hängt gemäss Alberto schlicht und einfach mit der besseren wirtschaftlichen Arbeit zusammen. «Die Rahmenbedingungen sind sowohl für die Betreiber an der Uni wie auch für die der ETH dieselben. Nur die Räumlichkeiten werden zur Verfügung gestellt», betont Alberto weiter. Auch die Mensen der Universität würden keine Subventionen für die StudierendenMenüs erhalten.

Beliebtes Salatbuffet an der ETH

An der ETH sieht man die Sachlage etwas anders. Der für den Mensabetrieb mitverantwortliche Reto Gerspacher «Assistant Restaurant Manager» sagt, dass keine Abwanderung der ETH-Studierenden an die Uni-Mensa statt finden würde. Gemäss seiner Einschätzung sei die Zahl der ETH-Mensa-Besucher gleich hoch geblieben wie letztes Jahr. «Wir verköstigen zu den Stosszeiten bis zu 2300 Leute pro Tag.» Nicht zuletzt lockt dabei das Salatbuffet Heerscharen von Uni-Studierenden in die ETH-Mensa. Ein vielfältiges Angebot an Grünfutter wird zwar auch an der Uni angeboten, aber dort wird nach Gewicht abgerechnet, was bei einem herzhaften Löffel Kartoffelsalat schnell mal ins Gewicht und Geld geht. An der ETH-Mensa dagegen zahlt der Studi pro Teller.

Trotzdem kämpft die Mensa der technischen Hochschule nicht mit derart langen Warteschlangen wie die Uni-Mensen. «Bei uns kann es zu den Stosszeiten an den Kassen schon auch mal zum Stau kommen, da nicht immer alle ihr Portemonnaie und Legi bereithalten, aber es geht meist zügig voran», sagt Gerspacher. Auch über fehlende Sitzplätze kann sich die ETH-Mensa nicht beklagen. «Wir haben Kapazität für über 600 Studierende, da findet jeder einen freien Platz zum Essen», sagt Gerspacher.

Nebst der Grösse haben die ETH-Betreiber ihren Kollegen von der Uni aber noch einen weiteren baulichen Vorteil voraus punkto Gedränge bei der Fassstrasse: In der ETH stehen die hungrigen Studierenden pro Menü an und nicht wie in der Uni in einer einzigen Schlange. Dieses System verkürzt die Wartezeit für jeden einzelnen.

Was viele nicht wissen: Wer nicht das Hauptmenü möchte, sondern lieber das Wok- oder Grillmenü, kann in den Uni-Mensen von der linken Seite zur Fassstrasse gehen. Dort stehen ebenfalls Tablett und Besteck bereit. Wenn mehr Leute dies nutzten, würde sich die Schlange für alle erheblich verkleinern.

Reservieren darf man nicht mehr

Der neuerliche Aufschwung bei den Besucherzahlen an den beiden Mensen der Universität dürfte zwar stark mit dem Preisaufschlag der nahen Mensa an der Polyterrasse zu tun haben. Doch es gibt weitere Gründe, welche die Engpässe zur Mittagszeit noch verstärken. Die Reservation von Plätzen ist ein mittlerweile nicht selten vorkommendes Problem.

Wegen des Platzmangels über Mittag suchen sich manche Studierende zuerst einen Platz, reservieren diesen mit Taschen und Jacken und stehen erst dann an der langen Schlange an. Dies hat zwar den Vorteil für den einzelnen, dass er einerseits nicht mit Tasche und Jacke anstehen und andererseits nicht mit dem vollen Tablett einen Platz suchen muss. Aber so bleibt der Platz lange reserviert, obwohl er nicht genutzt wird. Eine andere Person hätte in dieser Zeit bereits gegessen. Neuerdings machen Kleber auf praktisch allen Tischen die Mensakunden auf diese Problematik aufmerksam. Ebenso soll während der Spitzenzeit die Mensa nicht als Lern- oder Diskussionsort genutzt werden. Von 11.00 bis 14.30 Uhr soll in der Mensa ausschliesslich gegessen werden. An der ETH-Mensa hingegen seien solche Massnahmen kein Thema, sagt Reto Gerspacher. «Wir haben genügend Plätze zum Essen. Unsere Mitarbeiter bitten aber Studierende, die zur Mittagszeit von 11.15 bis 13.30 Uhr an den Tischen lernen, die Tische zu räumen.»

Das Platzproblem beschäftigt auch die Mensa der Universität Irchel. Dort liegt das Problem jedoch in der Bauweise der Mensa. Der Anstehbereich, der sich über Mittag oft auf die Treppe Richtung Erdgeschoss verlängert, erhält das Prädikat ungenügend. Daran lasse sich allerdings zur Zeit nichts ändern, wie Jürg Vogler, Betriebsleiter der Mensa sagt. Der Ansturm sei jedoch in diesem Semester nicht merklich gestiegen.

Pommes-Menü besonders beliebt

Nebst den Klebern auf den Tischen sind zurzeit keine weiteren Massnahmen zur Entlastung der Mensen um die Mittagszeit umsetzbar. Die Situation wird jedoch auf allen Ebenen beobachtet und ein weiterer Ausbau nicht ausgeschlossen. Damit kann jedoch nicht in den nächsten Jahren gerechnet werden. So müssen kleinere Veränderungen eine Entlastung bringen: Das Pommes-Menü, welches jeden Donnerstag sich grosser Beliebtheit erfreut, wird nun nicht mehr nur an einer Ausgabestelle geschöpft. Damit ist am Donnerstag zwar die Warteschlange nicht kürzer, dafür geht sie schneller vorwärts.

Und bei der Mensakommission hofft man, dass sich das Problem in Zukunft und bei noch grösserem Ansturm selbst regelt. Dies würde bedeuten, dass aufgrund der langen Wartezeiten vermehrt Studierende wieder an der Polyterrasse ihre Mittagsmahlzeit einnehmen. Denn ein Aufschlag an der Universität wegen der (zu) grossen Nachfrage wäre nicht im Sinn der Studierenden und daher gemäss Alberto zurzeit auch kein Thema.