Tristan II

Liaison Dangereuse

10. April 2008

Tristan war begeistert von diesem Thomas. Es war die Zeit, als Tristan zu Hause chattete und noch nicht vor einem Herrgöttli in der Kneipe hockte. Diese Chatrooms waren der Ort seiner Begierde. Er gehörte nie zu denen, die sich einredeten, sie hätten mehr Klasse, nur weil sie ihre Bettgeschichten an einer Party statt am Computer abschleppten. Schlampen waren sie alle. Aber Thomas war keine. Denn Thomas war taub. Das allein klang schon wie ein Versprechen. Es hatte so etwas Unschuldiges. Der Taube schickte Tristan nette Fotos, schrieb ihm zärtliche Worte, warb um Verständnis für seine Behinderung. Wie hätte man es ihm abschlagen können? Tristan hatte vollstes Mitgefühl.

Schliesslich verabredeten sie sich. Am Anfang lief alles gut, nur die Stille machte Tristan, der leidenschaftlich gern redete, zu schaffen. Die Worte mussten klar artikuliert werden. Manchmal nickte Thomas anerkennend. Dann wieder Schweigen. Rauchen. Langeweile. Was weiter? «Ich habe DVDs mit-ge-brr-acht», stammelte Thomas. «Schön!»,formte Tristan mit seinen Lippen, froh um die Erlösung. Also schauten sie sich den Film an, ohne Ton, weil Tristan sich nicht getraute, die Lautstärke-Taste zu bedienen. Das hätte wie ein höhnischer Kommentar gewirkt. Er starrte auf den Bildschirm, während sich der Taube königlich amüsierte in seiner Stille. So konnte der Abend nicht weitergehen. Sex war die einzige Lösung. Das war die Sprache, die beide verstanden. Sie fickten die ganze Nacht. Ich hätte Tristan danach fast nicht wieder erkannt. «Es war so intensiv, verstehst Du? So unglaublich intensiv. Das war nicht bloss ein One-Night-Stand. Das hatte unglaubliche Tiefe.» Er schrieb Thomas eine Woche lang zärtliche Worte. Doch es kam nie eine Antwort zurück.

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www.myspace.com/liaisondangereuse