Reisezeit

Wem gehörte der Jeep Cherokee in der letzten Ausgabe?

12. März 2008

Jonathan Franzen benutzte einst als Metapher für einen unerklärbaren Instinkt, dem er folgt, die Geschichte von Kolibris. Diese überwintern in Mexiko, fressen sich voll und fliegen nach Texas zurück, wo sie komplett erschöpft ankommen. Aber dieser Flug gehört zu ihrem Leben.

So ähnlich ergeht es mir beim Reisen, auch wenn dahinter natürlich nicht ein existenzieller Reflex, sondern eine tiefe Sehnsucht steckt. Es ist für mich – so absurd es klingt – nicht eine Suche nach den wunderschönen Bildern, welche in den Reiseführern wie Gemälde in einem Museum hängen oder die Suche nach den dunklen, melancholischen, gelangweilten oder von harschem Klima zerfurchten Landschaften, welche sich in den fremden Gesichtern abzeichnen, sondern in erster Linie eine Flucht aus den Zwängen, die mein Leben in mir fort produziert.

In fremden Welten möchte ich eintauchen und untertauchen können. In ihrer Masse und der Anonymität beinahe ertrinken, mich auflösen, unsichtbar werden und nicht und für niemanden zu sprechen sein. Die Möglichkeit haben, so zu tun, als sei man alleine auf der Welt. In jeder Sekunde das zu tun, was sie einem gebietet. Wenn es mir langweilig wird, beginne ich zu träumen, gehe spazieren oder esse etwas. Wenn ich Angst habe, meine Stimme zu verlieren, summe ich ein Lied oder rufe meine Schwester an. Und wenn sich die einbrechende Dunkelheit wie ein Sack, welcher sich mehr und mehr zusammenzieht um das Zimmer, welches ich für den Bruchteil eines Lebens bewohne, legt und es wirklich scheint, als sei ich am Ende der Welt, beginne ich zu schreiben.

Solange, bis das Entfernen in Einsamkeit mündet und ich mich nach Freunden, nach Familie und Bekanntschaften sehne. Dann wird die Reise zum Kampf und die Freiheit zur Qual.

Aber: das Schönste am Reisen überhaupt ist zurückzukehren.

So hüpfe ich jeweils, in Zürich-Kloten gelandet, strahlend und federleicht der Gepäck-Zurückeroberung entgegen. Schnauze an Schnauze mit den wolkenweiss gestrichenen, bellenden Riesenflughunden.