Der Brief, der Anstoss erregte. Lukas Messmer

ASVZ in der Grauzone

Weil die Versicherung Swica Sponsor des Akademischen Sportverbandes ist, erhielt sie Adressen von zehntausend Studierenden – ohne deren Einverständnis.

11. März 2008

Etwas erstaunt öffneten rund 10’000 sportliche Studierende diesen Oktober einen Brief von der Swica. Darin bewirbt die Versicherung die Empfänger, «noch heute» eine Beratung oder eine persönliche Offerte bei der Swica einzuholen. Dafür übernehme diese den Beitrag an den ASVZ. Am unteren Ende des Briefs prangt die Unterschrift von ASVZ-Direktor Kaspar Egger. Und im «P.S.» ist unten noch eingefügt: «Gemäss Adress-Datei des ASVZ haben Sie in der letzten Zeit dessen Angebot genutzt. Da Swica den ASVZ namhaft in seinen Aktivitäten unterstützt, hat dieser zu der Mailingaktion ja gesagt.»

Wer eine ASVZ-Veranstaltung besucht, füllt ein Anmeldeformular aus und gibt dort seine Adresse an. Mit keinem Wort ist erwähnt, dass die Daten an Dritte weitergegeben werden. Genau das wurde in diesem Fall aber gemacht. «Mit den Sponsoring-Geldern kann der ASVZ Kurse anbieten, die sonst finanziell nicht drinliegen würden», erklärt Kaspar Egger das Vorgehen. Da könne man es im Einzelfall auch erlauben, die Adressen an einen Sponsor weiterzugeben. Mit anderen Sponsoring-Partnern seien beispielsweise Vereinbarungen getroffen worden, welche Werbung in den ASVZ-Räumlichkeiten ermöglichen.

Nach dem Brief kam ein Anruf

Beim ASVZ haben sich nach Angaben Eggers sechs Adressaten gemeldet, die mit der Weitergabe der Daten vorerst nicht einverstanden waren. Die Gründe für die Weitergabe seien aber von diesen Studierenden gut aufgenommen und auch verstanden worden, erzählt Egger. Olivia Bonnot gehört jedoch nicht zu ihnen. «Schon über die Swica-Werbung im Briefkasten, die zum Krankenkassenwechsel bewegen wollte, habe ich mich aufgeregt», meint sie spürbar enerviert. Damit nicht genug: zusätzlich zum Brief erhielt sie auch noch einen Anruf von der Versicherung. «Dass ich jetzt auch noch zu Hause angerufen werde, weshalb ich denn nicht auf den Brief der Swica reagiert habe und ob ich nicht doch die Krankenkasse wechseln wolle, hat mich in Rage versetzt», sagt Bonnot.

Gute Risiken an der Quelle abzapfen

Aufgrund der gesetzlichen Grundlagen, die den Krankenkassen auferlegt sind, ist es wichtig, dass «gute Risiken» – am besten junge Sporttreibende – als Versicherte angeworben werden. Dass die Risikoselektion für alle Krankenkassen ein Thema ist, betont auch Philipp Lutz, Pressesprecher der Swica. Lutz bestätigt: «Mit Seniorenvereinen macht man keine Verträge dieser Art.» In der Unterstützung des ASVZ gehe es aber nicht primär darum, die Risikoselektion voranzutreiben, sondern um eine wirkliche Partnerschaft beider Organisationen. Ausserdem habe die Swica nicht nur Partnerschaften mit dem ASVZ, sondern mit unzähligen anderen Organisationen, von welchen sehr viele auch ältere Mitglieder hätten.

Kein nächstes Mal

Ein eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter meint dazu, dass Vereine die Adressen ihrer Mitglieder nicht ohne weiteres an Sponsoren weitergeben dürften. Wie jeder Verein in der ausführlichen Wegleitung für Vereine nachlesen könne, gelte nämlich, dass sie die Mitgliederdaten nicht an Dritte weiterreichen dürfen, wenn nicht vorgängig darüber informiert wurde oder die Mitglieder einer Weitergabe der Daten zugestimmt haben. «Wir sind uns bewusst, dass wir uns in einem Graubereich bewegen», gibt ASVZ-Direktor Kaspar Egger zu. Zu seiner Verteidigung erwähnt er, dass die Option der Weitergabe von Adressen nicht von Anfang an auf dem Verhandlungstisch zwischen Swica und ASVZ gewesen, sondern ausdrücklich vom Sponsor gewünscht worden sei. Als tröstenden Lichtblick schickt er voraus, dass die aktiven ASVZ-Mitglieder in Zukunft gefragt werden, ob ihre Adresse an Dritte weitergehen soll.