Es geht uns gut. PD

Es geht uns gut

Arno Geiger, 2005.

10. März 2008

Der Lebenslauf einer Kanonenkugel: Es war einmal ein Graf, der feilte so lange an einer Kanonenkugel, bis diese so klein war, dass sie in den Lauf seiner Pistole passte…

Philipp hat in Wien eine alte Villa geerbt, worüber sich seine Begeisterung allerdings sehr in Grenzen hält. Denn mit der Villa präsentiert sich ihm nicht nur ein altes Haus voller unbrauchbarem Gerümpel, sondern vor allem die Vergangenheit seiner Familie, von der er nichts wissen will. Nichts von seinem Vater, der als 15-jähriger Hitlerjunge die Strassen Wiens verteidigte, nichts von seiner Mutter, die aus der Enge ihres gutbürgerlichen Zuhauses floh, nichts von Schutzengel-Statuen im Garten oder von untreuen Ministern, nichts von Deals mit Nazis und auch nichts von Kanonenkugeln auf dem Treppengeländer. Während Philipp untätig auf der Treppe seines neuen Hauses sitzt und sich zweifelhafte Lebensläufe ausdenkt, rollt sich vor dem Leser die Geschichte Wiens seit dem Beginn des zweiten Weltkriegs bis in die Gegenwart auf: Momentaufnahmen aus dem Leben einer Familie, die sich langsam zu einem tragischen Film zusammensetzten, vom erfolgreichen Patriarchen bis hin zum letz-ten, hoffnungslos überforderten Spross auf der Vortreppe.

Und der Graf mit der Kanonenkugel? Er legte sie ein und schoss sie sich in den Kopf.