Darf die Polizei das?
Wer an einer Demonstration teilnimmt, sollte die eigenen Rechte kennen. Wann welche Massnahmen rechtmässig sind, erklärt der Verein Legal Help. Ein Gastbeitrag.
Durch die Versammlungs- und Meinungsfreiheit werden in der Schweiz viele Formen der Kundgebung politischer oder nicht politischer Inhalte geschützt. Zum Schutz öffentlicher oder privater Interessen, wie der öffentlichen Ordnung, dem Eigentum oder Leib und Leben von unbeteiligten Dritten, können diese Kundgebungsrechte im Rahmen von Artikel 36 der Bundesverfassung eingeschränkt werden.
Im Rahmen der Strafverfolgung richtet sich die Polizeiarbeit nach der nationalen Strafprozessordnung (StPO). Gemäss dem Zürcher Polizeigesetz (PolG) schützt die Polizei unter anderem die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Ist diese gefährdet, darf die Polizei intervenieren. Wendet sie dabei Zwang an, so hat sie diesen vorher anzudrohen. Eine Methode, welche die Polizei anwenden kann, ist die Anhaltung und Identifizierung von Demonstrant*innen. Die polizeilichen Massnahmen sind nur unter Einhaltung der Verhältnismässigkeit zulässig, dürfen also nicht in einem Missverhältnis zu den geschützten Gütern stehen. Hier wird zwischen den Interessen der Grundrechte der angehaltenen Person – wie im Fall der Versammlungsfreiheit – und dem Auftrag der Polizei abgewogen. Zudem muss das mildeste, geeignete Mittel eingesetzt werden.
Gegebenenfalls darf eine Demonstrant*in auf eine Dienststelle gebracht werden. Auch die StPO erlaubt der Polizei die Durchführung einer Personenkontrolle. Damit die StPO aber anwendbar ist, muss eine Straftat – beispielsweise die Sachbeschädigung oder die Störung des öffentlichen Verkehrs – verübt worden sein. Im Rahmen dieser Anhaltung darf die Polizei die Person verpflichten, ihre Personalien zu geben, Ausweise zu zeigen, mitgeführte Sachen vorzulegen und Behältnisse wie Taschen oder Fahrzeuge zu öffnen (Art. 215 StPO). Grundsätzlich muss keine Aussage gemacht werden, sofern man sich selbst belasten könnte.
Falls sich die Demonstration in eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit wandelt oder öffentliche Einsatzkräfte behindert werden, kann die Polizei Personen auffordern, den Ort zu verlassen. Wird dies nicht befolgt, kann die Person zu einer Polizeistelle gebracht werden. Ist die Demo unbewilligt, so wird grundsätzlich öffentlicher Grund rechtswidrig genutzt. Reine Rechtswidrigkeit reicht aber nicht zum Polizeieinsatz. Vielmehr müssen die Polizeigüter oder private Interessen betroffen sein. Mögliche Zwangsmittel können unter anderem körperliche Gewalt, Wasserwerfer und Gummischrot sein. Besonders wichtig ist hier die Einhaltung des mildesten Mittels. Unrechtmässige polizeiliche Massnahmen können mit dem Rechtschutz gegen Realakte angefochten werden. Bei Schäden steht die Staatshaftung zur Verfügung. Grundsätzlich ist der Polizei Folge zu leisten und Unrechtmässigkeiten sind festzuhalten und nachher zu rügen. Zur Beweissicherung ist Filmen erlaubt, wenn ein rechtfertigendes öffentliches oder privates Interesse besteht (Art. 28 Abs. 2 ZGB).
Der Verein Legal Help besteht aus einem Team von über hundert Jurist*innen, die mittellosen Personen rechtliche Unterstützung bieten und bei Bedarf kostenlose Anwält*innen vermitteln.