Die Räumlichkeiten an der Hardstrasse befinden sich noch im Umbau, voraussichtlich sollte ab Mai geprobt und gearbeitet werden können. Jlien Fenner

Ein neuer Kunstraum zum Ausprobieren

Die Stadt will Kulturschaffende diverser fördern. Der neue «unkuratierte Raum» an der Hardstrasse soll ein Ort mit niederschwelligem Zugang zu Proberäumen und Aufführungsfenster sein.

Jlien Fenner (Text und Bild)
28. April 2023

Die freie Tanz- und Theaterszene in der Stadt Zürich ist belebt und vielfältig, die Bedürfnisse sehr verschieden. Das Problem von Raummangel und zu wenig Aufführungsmöglichkeiten ist für Kulturschaffende schon lange Thema. In den letzten Jahren hat die Stadt das neue Fördersystem Tanz und Theater erarbeitet, das ab Januar 2024 eingeführt wird. In diesem Rahmen entstand auch der neu gegründete Verein Brücki 235, der «unkuratierten Raum» und niederschwelligen Zugang zu Proberäumen und Aufführungsfenster bieten will.  

«Von der Szene für die Szene»

Das neue Fördersystem soll die Tanz- und Theaterlandschaft der Stadt mit verschiedenen Elementen unterstützen. In einem flexiblen Teil werden Konzeptförderbeiträge an Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen aus der freien Szene gesprochen. Als Gegenstück dazu gibt es einen kontinuierlichen Topf, welcher etablierte, langjährig unterstützte Häuser und städtische Institutionen wie das Schauspielhaus Zürich oder das Theater Hechtplatz fördert; deren Rechtsgrundlage basiert auf einer Volksabstimmung. Diese Häuser haben die Aufgabe, lokales Schaffen zu fördern, aber die Angebote reichten dafür nicht aus, sagt Anna Bürgi, Ressortleitung Tanz der Stadt Zürich. «Es besteht eine Lücke für das Unkuratierte; es braucht einen Ort, wo man ausprobieren kann.» 

Diese Kunst findet ihren Platz im «unkuratierten Raum». Er wird als Ergänzung zum kontinuierlichen und flexiblen Teil eingeführt, womit dem Bedürfnis nach einem Ort mit Möglichkeiten zum niederschwelligen Ausprobieren nachgekommen werden soll. Der Verein Brücki 235 wurde als Trägerschaft für diesen Raum ausgewählt. Der Vorstand setzt sich aus Vertreter*innen dreier Interessengemeinschaften der freien Szene der Performing Arts in Zürich zusammen: «t. Theaterschaffen Zürich», «TanzLOBBY IG» und der «Assitej-Regiogruppe Zürich».

Die Devise des Vereins lautet: «Von der Szene für die Szene». Es soll ein inklusiver Raum für professionelle Tanz- und Theaterschaffende jedes Alters und jeder Sparte entstehen. Dabei wird betont, dass sich die Szene aktiv einbringt, sodass ihre Bedürfnisse möglichst gedeckt werden können. 

Der Auftakt soll im Juli erfolgen 

Bei einer Infoveranstaltung im März 2023 wurde dementsprechend der Diskurs mit Leuten aus der Theater- und Tanzszene Zürich gesucht. Einmal mehr wurde klar, wie gross der Wunsch nach einem Raum für Austausch, Ausprobieren, Fehler machen und Zufälligkeiten ist. Ausserdem wünscht sich die Szene Vernetzung, gemeinsame Weiterbildung und die Stärkung eines Wir-Gefühls.

Die Planung verläuft jedoch nicht ganz kritiklos: Wie soll ein Raum ohne jegliche Kuration, also unvoreingenommen und chancengleich, vergeben werden? Brücki 235 bezeichnet sich daher lieber als selbstverantwortet. Der Vorstand erklärt, dass eine gewisse Form von Kuration stattfindet, jedoch wird sie nicht von Leistungen oder Ästhetiken bestimmt, wie das sonst der Fall ist. Bei zu grosser Nachfrage wird der sogenannte Szenenrat, der sich aus Vertreter*innen der Szene sowie zwei Personen aus dem Vorstand zusammensetzt, eine Auswahl nach Kriterien der Fairness treffen. So würden etwa unterrepräsentierte Gruppierungen Vorrang haben. 

Die Räumlichkeiten an der Hardstrasse 235 befinden sich zurzeit noch im Umbau, voraussichtlich sollte dort ab diesem Mai geprobt und gearbeitet werden können. Geplant ist zudem die Kooperation mit anderen Institutionen wie der Helferei, der Zentralwäscherei oder der Bühne S, um Vernetzung zwischen den Häusern und Schaffenden zu fördern und Konkurrenz zu verhindern. Richtig los geht es im Juli mit einem Auftaktfestival: Künstler*innen werden dazu eingeladen, mit einem kurzen Projekt die Vielfältigkeit und Lebendigkeit der Tanz- und Theaterszene aufzuzeigen und somit die Idee hinter Brücki 235 zu verwirklichen.