Jazz für die Zukunft
«Black to the Future» von Sons of Kemet erscheint am 14. Mai 2021 bei Impulse! Records.
Album — Nach dem Achtungserfolg «Your Queen is a Reptile» legt die britische Jazzband Sons of Kemet um Shabaka Hutchings (The Comet is Coming, Sun Ra Arkestra) ihr viertes Album vor. Geblieben sind der musikalische Kern aus Saxophon, Tuba, Klarinette und Perkussion mit einigen Gastvocals, im Vergleich zum dringlichen Vorgänger ist «Black to the Future» aber weniger schroff. So anmutige Zartheit wie auf dem kontemplativen Stück «To Never Forget the Source» hätte man früher allenfalls in Andeutungen gefunden. Die karibische Melodik von «Think of Hope» kommt warm, fast gemütlich daher. Müde geworden sind die Sons of Kemet nicht, aber auch auf seinen treibenderen und rhythmisch fordernden Stücken wirkt «Black to the Future» kompositorisch feiner und ausbalancierter. Indes fügen sich die Gast-Vocals nicht immer ideal ein. Das zeigt sich etwa bei Intro und Outro, zwei halbherzig instrumentierten Gedichten. Schade, weil die deutlich antirassistischen Texte in einem intimen Verhältnis zu den Grundideen des Albums zwischen Erinnerungskultur und utopischer Hoffnung stehen. Trotz Ausnahmen wie dem rasanten «Pick Up Your Burning Cross» mit Moor Mother und Angel Bat Dawid wirkt es ab und an, als würde der Text vor allem mitgeliefert, da man der musikalischen Gestaltungskraft nicht ganz traute. Gerade da mangelt es aber nicht: Das Album zeigt die vier Musiker der Kernband auf der Höhe ihrer Fähigkeiten. So lässt das anmutige «Envision Yourself Levitating» Bläserspiralen in immer grossartigere Himmel wachsen. «Throughout the Madness, Stay Strong» dramatisiert die titelgebende Spannung als erst zurückgenommenes, dann eskalierendes Saxophon über hibbeliger Perkussion und findet zuletzt eine entschlossene Schlichtheit. «In Remembrance of Those Fallen Sons» fängt an, als liefen drei bezugslose Tracks übereinander, bis die Teile zu einem Ganzen verschmelzen, in dessen Wehmut sich eine beschwörende Hoffnung hält. Ein vielschichtiger, vitaler Brocken Musik, der immer dann am besten funktioniert, wenn er sich seinen Stärken ganz anvertraut.