It's a Match #6/19
Mister Neighbour — Nach einer kurzen monogamen Phase befand ich mich bald wieder inmitten des Tinder-Dschungels, umzingelt von bedeutungsvollen Anschreiben im Stil von «Heeeeeey» oder «Wie gahts?».
Um ein wenig Glitzer in mein Leben zu bringen, beschloss ich, mich zum Geburtstag meiner Chefin ganz casually als Einhorn zu verkleiden. Ich funkelte so sehr, dass ich es gar auf ihr iPhone schaffte. Diese äusserst vorteilhaften Bilder wurden dann an den Nachbarn meiner Chefin weitergeleitet, der dem schillernden Einhorn sehr wohlgesonnen war. So galoppierte ich über den Regenbogen der heutigen Kommunikation – Instagram – in Richtung eines Dates mit ihm.
Die pubertäre Tochter meiner Chefin meinte dazu ganz aufgeregt, dass wir wohl Sex haben würden. Daraufhin fügte sie bedeutungsvoll hinzu: «Aber Mami, weisch, richtige Sex... mit allem!» Ich hingegen dachte natürlich sofort an Arthur Arons Fragen, die versprechen, sofortige Nähe zwischen Fremden zu schaffen, und konnte die Chance auf eine grössere Power nicht an mir vorbeiziehen lassen. Als also der verheissungsvolle Nachbar an meinem Glitzerschloss klingelte, öffnete ich mit zitternden Hufen die Tore.
Nach ein paar Gläsern Wein eröffnete ich die Fragerunde. Fünfzehn Antworten später befand besagter Herr Nachbar jedoch, dass es viel besser wäre, wenn wir uns die Fragen selber ausdenken würden. In diesem Moment erkannte ich: Liebe ist deswegen so einzigartig, weil man sie jedes Mal neu erfindet. Denn schliesslich ist auch jede Person, die man datet, einzigartig. Oh, und ob der Nachbar und ich Sex «mit allem» haben werden, kann ich an dieser Stelle leider noch nicht sagen – seit unserem Treffen ist erst ein Tag vergangen. Sein Hinterfragen von Arons Fragen verspricht jedoch, dass er das Potential haben könnte, mein persönliches Einhorn zu werden.