Sänger Thomas Mars besingt den Sommer. Nicola Schmid

Phoenix: 120 Minuten Sommerferien

24. März 2018

Die französische Band Phoenix transportierte ihr Publikum am letzten Mittwoch gedanklich ein paar hundert Kilometer in den Süden. Ihr neues Album «Ti Amo» klingt sehnsüchtig nach Sommer und macht live sehr viel mehr Spass als auf der CD.

Man merkte Phoenix die rund zwanzigjährige Bühnenerfahrung an, als sie am Mittwoch im Zürcher Volkshaus spielten. Die Indie-Pop-Band lieferte eine solide und spassige Show – inklusive ausgiebiger Interaktion mit dem Publikum, einer beeindruckenden Lichtshow, glatten Übergängen, und punktgenauem Timing.

Doch mit der Erfahrung kommt auch die Routine. Die war leider trotz des betont lässigen Umgangs mit dem Publikum augenscheinlich: Phoenix-Sänger Thomas Mars ging während des Konzerts mehrmals durch die tanzende Menge, liess sich von den Fans hochheben und sogar einen halbleeren Bierbecher bringen, um Anzustossen. Dennoch wirkte das Ganze arg choreografiert. Dem Spass, den das Publikum ganz offensichtlich hatte, tat das aber keinen Abbruch. Ein bisschen Menschennähe tut eben doch gut und eine durchgetaktete Lichtshow, bei der Regenbogenfarben über die Bühne tanzen und der Raum vom Stroboskop erhellt wird, ist einfach schön anzusehen und hebt das Konzert noch einmal auf ein ganz anderes Level.

Italienische Disco im Zürcher Volkshaus

Phoenix sind mit ihrem aktuellen Album «Ti Amo» auf Welttournee. Es ist eine Platte, die locker-leicht nach Sommer, Ferien und italienischer Disco klingt. So wechselte Sänger Mars, übrigens mit Filmregisseurin Sofia Coppola verheiratet, auch immer wieder für ein paar Zeilen ins Italienische. Das neue Album schafft es, den Zuhörenden in eine sommerliche Stimmung zu versetzen und es hat wirklich tolle, eingängige Stellen. Wer jedoch eher die rockige Seite der französischen Band mag, kommt mit den neuen Songs nicht auf seine Kosten. Zumindest dann nicht, wenn er oder sie sich nur die CD anhört, denn dafür sind die Songs zu glatt, zu disco und zu fad. Stattdessen lohnt es sich, an ein Konzert zu gehen: Live machen diese Tracks erstaunlich viel mehr Spass.

Begeisterungsrufe entlockten dem Publikum besonders die Songs des Erfolgsalbums «Wolfgang Amadeus Phoenix», wie beispielsweise «Lisztomania», «1901» oder «Rome». Diese eingängigen Songs mit viel Gitarre suchen noch immer ihresgleichen in der Diskografie der Band. So konnten sie mit ihrem neusten Album auch nicht ganz an den Erfolg der letzten beiden anknüpfen. Trotzdem: Wenn eine Band es schafft, an einem graukalten Märzabend so viel Sommerferienstimmung aufkommen zu lassen, indem der Sänger im geblümten Hemd und in mehreren Sprachen die Liebe besingt, hat sich das Ticket doch gelohnt.