Warten auf Gott
Die studentische Theatergruppe aktiv bringt Éric-Emmanuel Schmitt auf die Bühne. Am Freitag, 12.5, steigt die Premiere. Die ZS war an einer Probe. Hingehen lohnt sich.
Da steht sie. Und wartet. Wartet auf den Lift, der sie zurück ins Leben oder - darf man es überhaupt aussprechen? - in den Himmel bringt. Marie zögert. Sie ist eine von mehreren Personen, die sich unfreiwillig im "Hotel zu den zwei Welten" einquartiert haben. Da ist Julien, ein gleichsam erfolgreicher wie gehetzter Journalist. Da ist Präsident Delbec, ein schmieriger und selbstverliebter Kerl, der nicht einsehen will, dass er hier im "Hotel zu den zwei Welten" keinen Einfluss mehr besitzt. Und nicht zuletzt ist da der Magier Radschapur, ein älterer Herr mit Zylinder, der nie um einen gewitzten Spruch verlegen ist.
Ihnen allen ist etwas gemeinsam: Sie sind Menschen, die sich im Koma befinden. So lange sie sich in diesem Zustand befinden, sind sie Gäste des Hotels. Wobei das Hotel weniger als Gasstätte denn als Warteraum figuriert: Als Warteraum zwischen Leben und Tod. Erst wenn sie aus entweder aus dem Koma erwachen oder aber sterben, dürfen sie das Hotel durch den Lift verlassen.
Der Lift kommt. Marie steigt ein. Ein Lämpchen leuchtet auf? Wird sie leben?
Grosses Engagement
Vorderhand muss diese Frage offen bleiben. Denn vorderhand steht da auch kein Lift, sondern bloss eine weisse Schiebetür. Es ist Montagabend, irgendwann Anfang Mai, und die Theatergruppe aktiv hat Probe für ihre Theateraufführung "Das Hotel zu den zwei Welten". Regie führt Laura Leupi. Sie hat dazu die Vorlage von Éric-Emmanuel Schmitt (Hôtel des deux mondes) umgeschrieben und neu inszeniert. Das Ensemble besteht ausschliesslich aus Studierenden. Seit Februar haben sie jede freie Minute und viel Herzblut in die Produktion gesetzt. "Das es so viel Arbeit gibt, hätte ich nicht gedacht", sagt Lui Unterrassner, der den Hauptprotagonisten Julien mimt.
Doch der Aufwand lohnt sich. Zwei Wochen vor der Premiere sitzt der Text, das Stück läuft flüssig. Leupi ist zufrieden, meint aber - ganz die Perfektionistin -, dass es noch einiges zu tun gebe.
Die Theatergruppe aktiv ist der Katholischen Hochschulgemeinde aki angegliedert. So erstaunt auch die Wahl des Stückes nicht gross: Es geht darin um Leben, um Tod, um Vergebung und Reue. Und natürlich: Es geht darin auch um Gott.
Grosse Gefühle
Damit ist auch gesagt: Das Stück rührt mit der grossen Kehle an. Das liegt nicht zuletzt an seiner literarischen Vorlage oder besser: dessen Autor. Éric-Emmanuel Schmitt ist bekannt als Autor, der es liebt, grosse Gefühle zu verschriftlichen. Es geht bei ihm immer um die grossen Themen: Um Liebe, Tod, auch um das Opfern seiner selbst für andere. Kritiker werfen Schmitt vor, ein Pathoskönig zu sein.
Leupi versteht es, diesen Pathos zu entschärfen. Zwar spielt sie mit ihm, doch verhindert sie es, dass das Stück ins Lächerliche oder gar Peinliche rutschen würde. Ihrem Ensemble gelingt es, das gleichermassen schwierige wie schwere Thema überzeugend auf die Bühne zu bringen.
Wer sich selbst davon überzeugen möchte, dem sei die Premiere am am 12.5 im Theatersaal des aki am Hirschengraben empfohlen. Die Theatergruppe spielt das Stück den ganzen Mai über: Wieso nicht mal nach der Uni einen unterhaltsamen und gleichzeitig nachdenklich stimmenden Theaterabend einschalten?