Limmatverlag

Schriftsteller auf Schabkarton

24. Februar 2016

«Ce n’est pas très beau …» – mit diesen Worten resümierte Friedrich Glauser kurz vor dem Tod sein umtriebiges Leben. Nun wagt sich das Museum Strauhof mit einer gleichnamigen Ausstellung an den Schweizer Schriftsteller. Obgleich unzählige Aktenseiten sein Leben dokumentieren, bleibt Friedrich Glauser schwer zu fassen. Dem Literaturmuseum Strauhof ist es nun gelungen, den Schriftsteller etwas zugänglicher zu machen: Beim Eintreten in die Ausstellung umfängt die Besucherinnen und Besucher jene Dunkelheit, die in Glausers Leben über weite Strecken prägend war. Der in Wien geborene Glauser verbrachte eine unstete Kindheit und kam erst mit 14 Jahren in die Schweiz. Die Matura absolvierte er auf dem zweiten Bildungsweg. Im Alter von 21 Jahren traf Glauser in Zürich auf den aufkeimenden Dadaismus und schloss Bekanntschaft mit Tristan Tzara, Hugo Ball und weiteren Anhängern der Bewegung, woraufhin er 1918 wegen seines ausschweifenden Lebensstils entmündigt wurde. Die folgenden Jahre waren gezeichnet von Morphiumsucht, wiederholten Internierungen in psychiatrischen Anstalten und Suizidversuchen. Im Alter von 42 Jahren verstarb Friedrich Glauser – in der Nacht vor seiner Hochzeit – an einer Überdosis Medikamente.

Diese Stimmung eines mäandrierenden Lebens fliesst auch in die Gestaltung der Ausstellung ein. Besonders der Anfang des Rundgangs besticht durch den Ausdruck und die Ästhetik seiner Szenographie: Die Finsternis der geschilderten Geschichten geht einher mit der Finsternis des Ausstellungsraums; spinnennetzartige Holzmodule deuten das von Glauser immer wieder aufgegriffene Motiv der Gefangenschaft an. An verschiedenen Stationen – Wendepunkte sowohl im Museumsrundgang als auch im Leben des Autors – haben die Besucherinnen und Besucher Gelegenheit, sich Kommentare zu ausgewählten Glauser-Zitaten anzuhören. Schade ist, dass die Betrachtungen meist oberflächlich, assoziativ und subjektiv bleiben. Wissen aus den Spezialgebieten fliesst nur marginal ein.

Weiter widmet sich die Ausstellung Glausers Werk: Im Zentrum stehen seine Kriminalromane. Daneben haben die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, sich Auszüge aus Literaturverfilmungen anzusehen oder in einer Originalaufnahme vom lesenden Glauser seiner leicht kehligen, spröden Stimme zu lauschen. Optisch stark geprägt wird dieser zweite Teil der Ausstellung von Hannes Binders Schabkartonbildern, die dem Schaffen Glausers gewidmet sind. Es sind düstere Illustrationen, nur spärliches Licht steht den tiefen, schwarzen Schatten der Bilder gegenüber. Sie passen zu Glausers Biographie: Die zu erhaschenden Einblicke in Glausers Leben sind fesselnd, aber kaum deutlicher als schwarz-weisse Schraffuren auf Schabkarton.

Während der erste Teil der Ausstellung optisch ansprechend und übersichtlich gestaltet ist, verlangt der zweite Teil den Besucherinnen und Besuchern einiges ab: So interessant die vielseitige Auswahl der Objekte und Texte auch sein mag, so mangelt es hier doch an Tiefgang. Das einzige Muster scheint der durchwegs fragmentarische Stil zu sein. Obwohl die Ausstellung über weite Strecken gelungen ist, vermögen sich die bruchstückhaften Einblicke in Glausers Leben nicht zu einem vollständigen Ganzen zusammenzufügen. Einen Besuch ist die Ausstellung allemal wert, animiert sie doch unter anderem dazu, sich auf die Suche nach weiteren Mosaiksteinen zum Leben und Schaffen des Literaten zu begeben.

Die Ausstellung zu Glausers Leben und Werk ist noch bis zum 1. Mai im Museum Strauhof zu sehen.