Editorial #3/15

Editorial

1. Mai 2015

Swimmingpool —Da hat es eine Frau im Bikini auf dem Cover der Zürcher Studierendenzeitung. Ist das nicht sexistisch? Meine ehrliche Antwort: Ich weiss es nicht. Auf dem Cover der September-Ausgabe des letzten Jahres wurde auf den Bildern zum Thema «Fitnesswahn» ein Männerkörper objektiviert. War das sexistisch? Bezeichnenderweise hatte ich mir diese Frage damals gar nicht gestellt. Aber klar: Sex sells. Das weiss die Zürcher Studierendenzeitung schon lange. In den Achtzigern und Neunzigern zierten oft nackte Körper das Heft. Mein Lieblingscover ist jenes, auf dem jemand seinen entblössten Hintern aus einem Fenster herausstreckt.

Darum, ja: Eine Frau halbnackt für das Cover eines Magazins abzulichten, ist tendenziell sexistisch – denn es ist ein einfacher Kniff, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber bei uns ist der Sex nicht nur da, um etwas zu verkaufen, wie wenn Fastfood-Ketten ihr Essen mit Burger-leckenden Nacktmodels vermarkten. Wir wollten das Thema «Arbeit» provokativ inszenieren, da es nicht mehr hip ist, darüber zu sprechen.

Die Bilder sollen genau das zeigen: Es ist heute wichtiger, sich für sein sexy Erscheinungsbild einzusetzen als für gute Arbeitsbedingungen. Am 1.Mai – dem Tag der Arbeit – holt man lieber liegengebliebene Arbeit nach, verplempert die Zeit mit Online-Shopping oder schläft seinen Kater aus. Dabei wäre der 1. Mai die beste Gelegenheit, um über Arbeit zu diskutieren – egal, ob an der Demo oder bei einem Drink am Swimmingpool.

Nina Kunz, Redaktionsleiterin