Anna Dettwiler

Lichtblicke: Die Leichtigkeit des Seins

Der Lichthof ist ein Ort für gepflegte Konversationen. Heute philosophieren zwei Studentinnen über die Ansprüche, die sie an sich und ihre Mitmenschen stellen.

26. Februar 2015

Studentin A: Also, ja, das verstehe ich. Du zweifelst an dir selbst, weil du immer von den andern enttäuscht wirst. Aber eigentlich liegt es nur daran, dass du an dich selbst höhere Erwartungen hast, und die dann auch an die andern stellst. Die wissen das aber nicht und deshalb enttäuschen sie dich.

Studentin B: Nein, also, ich glaube einfach, dass ich höhere Ansprüche habe an die anderen, also einfach die gleichen, wie an mich selbst. Aber das wissen die einfach nicht.

Studentin A: Nein, also ich glaube, es geht darum, dass du einfach denkst, dass du ja anders handeln würdest. Und dann verstehst du nicht, warum die anders reagieren.

Studentin B: Ich glaube, das Problem ist, dass ich das für selbstverständlich halte. Und dass ich da anders reagieren würde, wenn mir jemand so etwas sagt, ich würde dann denken: aha, so ist das. Dann muss ich da etwas ändern.

Studentin A: Also, das ist ja bei mir auch immer so; dass ich so denke: warum ist dir das nicht klar? Und ich habe voll das Gefühl, dass ich alleine bin, weisst du, dass sich niemand Gedanken macht ausser mir.

Studentin B: Nein, also, ich meine mehr... dass ich einfach nicht verstehe, warum er so reagiert, weil es für mich klar ist, wie er reagieren müsste.

Studentin A: Also, deswegen streite ich ja auch immer mit meinem Mami.

Studentin B: Nein, es geht jetzt mehr um C. (C ruft an) Hallo C. Ja, ich bin noch am Zmittag mit A. Ja, ich komme nachher. Ja, wo soll ich hinkommen? Aha. Also soll ich lieber nicht kommen? OK, ich komme nachher. (legt auf) Gsehsch, das meine ich eben auch. Er merkt doch, dass ich das jetzt nicht so nett fand.

Studentin A: Ja, und du findest halt, dass er das hören sollte, aber er ist wie nicht in dem Modus. Er denkt jetzt einfach: Jetzt telefonieren wir halt grad, und da muss er jetzt nicht hinhören, ob du glücklich tönst oder nicht.

Studentin B: Nein, das ist es ja nicht. Es ist eher, dass er das einfach nicht checkt. Ich würde das aber checken.

Studentin A: Das ist eben wie bei mir und meinem Mami. Das ist glaub ich wegen dem Generationen-Unterschied.

Studentin B: Ja, aber das ist es ja nicht. Es ist ja einfach, dass ich das hören würde und er hört’s eben nicht.

Studentin A: Also, ja, jetzt verstehe ich dich. Also du zweifelst an dir selbst, weil du immer enttäuscht wirst von den andern, aber eigentlich liegt es nur daran, dass du an dich selbst höhere Erwartungen hast, und die dann auch an die andern stellst, aber das wissen die ja nicht, und deshalb enttäuschen sie dich.

Studentin B: Genau. Aber das Problem hat sonst niemand, ich glaube, ich bin einfach seltsam.

Flavia Bonanomi studiert Deutsch, Englisch und Film an der Uni Zürich. Immer wieder wird sie Zeugin abstruser Konversationen von Kommilitoninnen und Kommilitonen im Lichthof. Die besten gibt sie regelmäßigan die ZS weiter.