Zürcher Finsternis

28. November 2014

Schauerliche Biographien, maliziöse Ärzte, diabolische Ideologien, grausige Rituale – mit «Zürcher Finsternis» hat Pascal Gut, der an der Uni Zürich Philosophie und Geschichte studiert, sein Krimi-Debüt vorgelegt. Erschienen ist es im Emons-Verlag, der allein diesen Herbst neun Zürcher Krimis veröffentlichte.

Die Geschichte handelt von Mario Presko, einem schwulen Kommissar, der seine Familie jahrelang belogen hat und in Zürich einen Neustart wagt. Der Titel wurde vom Verlag wohl zwecks Einordnung in die Genre-Literatur gewählt, denn Zürich selbst ist bloss ein Nebenschauplatz. Die Handlung spielt sich unter anderem in Andermatt, Zug, Schwyz, im Tessin und auf Autobahnen irgendwo dazwischen ab. Umso mehr freut man sich ob der kleinen Details, wie Beschreibungen von orthodoxen Juden beim Sihlhölzli oder von semi-eloquenten Prostituierte an der Langstrasse. Als sich ein Jahr nach einer unaufgeklärten Kindesentführung, zu der Presko die Ermittlungen geleitet hat, ein Mann scheinbar grundlos stellt, gerät das Unheil ins Rollen. Der psychopathische Geständige möchte die Mutter des damals siebenjährigen Opfers unbedingt selbst zu der angeblich noch lebenden Tamara führen. Presko lässt sich darauf ein, ohne zu wissen, worum es (dem Täter) eigentlich geht.

Der Krimi lebt vom rasanten Erzähltempo, den vielen Toten (mindestens 17) und der Frage nach den Beweggründen der geisteskranken Täter, die bis zum Schluss gewahrt wird. Daneben schmücken mehrere Handlungsstränge, die zunächst parallel und danach teilweise im Sand verlaufen, sowie Exkurse zur Schweizer und zur Philosophie-Geschichte die Erzählung aus. Allerdings brechen ärgerliche Makel den Rhythmus der Geschichte, und leider sind es vor allem diese, die einem – zumindest auf den ersten Seiten – den auf dem Buchrücken versprochenen Schauer über den Rücken jagen. Zum Einen fordert die genaue Datierung (am 11.8.1999 fand in Zürich die Sonnenfinsternis statt) ihren Tribut: 1999 gab es weder den «Stall 6» oder die «Zukunft» noch war es besonders wahrscheinlich, dass im Tram zwei kleine Mädchen einen MP3-Player benutzten oder die Leute von «den Neunzigern» gesprochen haben. Zum Anderen stören sprachliche Ungereimtheiten den Lesefluss. So kommt es, dass sich Leute vor Schmerzen (sic!) rekeln und später (immerhin wohlig) «räkeln» Und es zeigen sich eigentümliche syntaktische Konstruktionen («das Erste, an was Mario hatte denken müssen») und der übermässige Gebrauch des Relativpronomens «welcher». Ein sorgfältiges Lektorat sieht anders aus.

Insgesamt überzeugt Gut mit der spannenden Geschichte und der narrativen Gestaltung, die mit Rückblenden und verschiedenen Erzählperspektiven gerade für einen Krimi vielfältig ist. Auf seine sprachliche Entwicklung indes darf man gespannt sein.

Pascal Gut: Zürcher Finsternis.

Emons 2014, 272 Seiten, 16.90 Franken.