Eine Hure ist billiger als Viagra

Männer wollen sich nicht binden und Frauen wollen nicht beim Tanzen begrapscht werden. Das ändert sich auch im Seniorenalter nicht.

30. September 2014

Die Regisseurin Bettina Blümner erzählt in ihrem Dokumentarfilm «Parcours d’amour» vom Leben der Pariser Seniorinnen und Senioren. Eugène, Gino und Christiane tanzen gerne. Christiane um des Tanzens Willen, die Männer, weil sie so an die Frauen rankommen. Die Regisseurin will zeigen, dass auch alte Menschen Sehnsucht nach Zweisamkeit haben. Mehrmals die Woche gehen sie tanzen, um Gleichgesinnte zu treffen. Einer dieser Orte ist das «Metro», ein Pariser Club, der Nachmittags Senioren tanzen lässt.

Männer wollen Sex

Das Interieur des Clubs erinnert eher an das «Moulin Rouge»und die vielen blinkenden Lichter lassen einem glauben, man befände sich in einem Casino in Las Vegas. Mittendrin eine Horde alter Menschen, die tanzen, lachen und flirten. Die Männer zeigen schnell, dass sie ihr ganzes Leben lang verkappte Casanovas waren. Obwohl sie verheiratet waren, hielten sie sich mehrere Geliebte zur gleichen Zeit. Bindung sei nichts für sie, Liebe kennen sie nicht. Ihre Frauen sollen schlank und hübsch sein, sonst wollen sie sie nicht. Leider macht der alte Körper beim Sex nicht mehr so mit. Die Pillendosis für einmal Hochkriegen kostet 45 Euro. Eine Hure aus dem Puff sei da sogar billiger.

Frauen wollen Liebe

Die Frauen hingegen sehnen sich nach einem Partner, Zweisamkeit und gemeinsames noch Älterwerden. Auch Christiane ist geschieden, und dennoch hofft sie immer noch auf ihren Traumprinzen. Sie will einen ehrlichen, netten Mann fürs Leben. Obwohl sie sich wegen ihres Krebs eine Brust hatte amputieren lassen müssen, gibt sie die Hoffnung auf vollkommenes Glück nicht auf.

Callboy

Spätestens mit dem Auftritt von Michel wird klar, dass sich aus den Sehnsüchten alter Frauen gutes Geld machen lässt. Michel ist professioneller Tänzer, verheiratet und Callboy. Für eine Stunde Tanzen verlangt er 60 Euro, für vier Stunden 200 Euro. Samstagabends das doppelte. Für ihn ist das ein reines Geschäft, seine Frau weiss davon. Bevor er sie kennen gelernt hat, war er genau wie Eugène und Gino. Doch weil seine Frau nicht nur hübsch, sondern auch intellektuell ist, kann sie ihm mehr bieten als die anderen. Er spricht zwar nicht von Liebe, aber von einer gut funktionierenden Partnerschaft.

Der Film ist für alle Singles ausserhalb des Rentenalters entmutigend. Das Alter ändert weder die Männer noch die Frauen. Wir haben also auch mit 80 noch genau gegensätzliche Erwartungen aneinander. Am Dienstag, 30. September 2014 läuft der Film noch einmal im Rahmen des Zürich Film Festivals im Sihlcity Kino.