Trinken und Tanzen auf der Gessnerallee
Am 17. Mai ging das Lauterfestival über die Bühne. Das schmerzte zwar den Geldbeutel wenig, doch wurde das Herz dabei auch nicht richtig warm.
Der Saal im Stall 6 war erst halbvoll und das Bier floss noch zäh aus den Zapfhähnen als die erste Band die Bühne betrat. Die blutjungen Mitglieder von 2nd Floor hatten die Stimmung erfühlt und tasteten sich mit ihrem Seifenpop ganz langsam zum schläfrigen Publikum vor. Doch die Tuchfühlung währte nicht lange. Nach einer kurzen Spielzeit übernahmen Free Fall die Bühne am Lauterfestival. Mit eingängigen Eigenkompositionen lockten sie Passanten von der Strasse und sorgten so für eine kunterbunte Mischung im Publikum. Vergnügt tanzte ein Altpunk im Haiwaii-Hemd neben einem fünfjährigen Blondschopf und animierte damit die ersten Reihen zum Hüftschaukeln. Dem dritten Act an diesem Abend, Red House, gelang es schliesslich Festivalstimmung unters Publikum zu bringen. Ohne Wenn und Aber liessen sie den Saal mit ihrem bluesigen Stoner-Rock fluten.
Mit Hipsterbag am Volksfest
Draussen hatte sich das Festivalgelände, sprich, das Trottoir der Gessnerallee, unterdessen gefüllt und der Duft der Essensstände hing über den Köpfen. Überall flitzten handbedruckte Hipsterbags von NATasche durch die Gegend, deren Verkaufszelt unter ständiger Belagerung stand. Am frühen Abend waren viele flüchtige Passanten unter den Festivalbesuchern, die hie und da ein Ohr voll Musik nahmen und dann weiter zogen. Daneben kamen zahlreiche Familien, die dem Lauterfestival einen Hauch von Volksfest gaben. Mit dem Fortschreiten des Abends löste sich diese Atmosphäre auf und machte dem üblichen partywilligen Publikum Platz. Doch auch da sassen die Rastköpfe noch neben der urbanen Jutebeutelfraktion und frönten dem geselligen Zusammensein.
Saufen statt Lauschen
Das Publikum war zu jeder Zeit in etwa so bunt, wie die Mischung an Bands, die die Organisatoren zusammengestellt hatte. Nur wenige eingefleischte Fans der jeweils auftretenden Band waren bei den Konzerten zugegen. Die meisten Besucher riskierten lediglich einen Schritt in den Vorbereich und machten sich nach einem halben Stück schon wieder vom Acker. Die Konzerte waren geprägt von der Unverbindlichkeit, dass alles für Lau präsentiert wurde. Obwohl die Konzerte der internationalen Bands, wie etwa das von den grandiosen De Staat, nicht spürbar darunter litten, kam ein wenig Zweifel am gutgemeinten gratis Angebot auf. Den Besuchern schien wenig an der Musik zu liegen und viel daran, beim Trinken mit Hintergrundgeräuschen berieselt zu werden. Der Opportunismus der Besucher gab dem Festival zuweilen den Anstrich eines kollektiven Vorsaufens. Zum Glück traf man doch immer wieder auch auf Festivalenthusiasten, die der Menge Festfreude einhauchten.
PREVIEW: Das Lauter Festival, die Spielwiese für junge, vielversprechende Bands, wartet auch dieses Jahr mit einem bunten LineUp auf. Neben internationalen Aufhängern wie den Altrockern De Staat, dem isländischen TripHop Trio Samaris oder dem psychedelischen Gitarrensound von Okta Logue, werden auch zahlreiche lokale Acts auftreten. Die jungen Veranstalter haben sich reingehängt und es geschafft, eine breite Mischung an Newcomern auf die Bühne zu laden. Selbst einge sessene Szenis werden neue Talente entdecken; so etwa die schlitzohrigen Mundartrocker The Pixels oder die wunderbare Rebekka Page. Hipsters können zum kreativem Gitarrenstreicheln in den Stall 6 gehen, verträumte Romantiker im El Lokal zu Joco oder Eleni Tremp sachte die Hüften wiegeln. Wer eher auf die alte Rockkeule steht, wird in der Hafenkneipe voll auf seine Kosten kommen. Und die unermüdlichsten Partygänger können dort ab 1 Uhr zu diversen DJSets noch ein mal vollen Körpereinsatz geben. Da das Festival zum Nulltarif angeboten wird, bleibt auch armen Studis Geld für Speis und Trank, der rund um die Gessnerallee angeboten wird.