Semesterferien können die Kreativität abrupt stoppen - und sind eine Chance für Neues. Marian Kamensky

Gedanken zum Semesterloch

Was passiert, wenn ein Student, oder allgemein ein Mensch auf einmal Zeit hat? Zeit, die sich unverhofft in ein Jahr voller Bangen, Planen, Büffeln und Hoffen schiebt. Eine mehr oder weniger geregelte Wochenstruktur löst sich plötzlich auf und vor einem tun sich Tage, Wochen voller Möglichkeiten auf.

23. Juli 2013

Natürlich werden nicht wenige Studierende interessiert sein, wenigsten einen Teil der Sommerpause einer lukrativen Arbeit nachzugehen. Andere wollen berufliche Einsichten gewinnen und Netzwerke knüpfen, sprich, ein Praktikum absolvieren. Ausserdem will sich der hartlernende junge Mensch auch einfach mal erholen. Je nach Typ verabschiedet er sich in die Strandferien am Lago Maggiore oder zur Interrailreise nach Polen.

Mich interessiert an dieser Stelle aber weniger, wofür sich jemand in seinen Semesterferien entscheidet, sondern dafür, dass er überhaupt für die Dauer eines Studiums jährlich über einen Viertel der Monate gestalterisch verfügen kann.

Ich frage mich, wem sonst, ausser den Studenten, dieser Freiraum gewährt wird. Das wird wohl nur noch bei pensionierten Senioren der Fall sein.

Ein Student muss sich jedes Jahr von Neuem fragen, wie er die Sommermonate nutzen will. Ja, er muss sich fragen, was er will, was er muss, was er kann. Er muss sich im Klaren darüber sein, was er mit seinen Plänen bezwecken will. Braucht er Geld? Braucht er Erfahrung? Braucht er Regeneration? Braucht er Zukunftsvisionen? In einem nächsten Schritt muss er wissen, wie er seine Ideen realistisch umsetzen kann. Dafür muss er sich informieren und sich umschauen.

Sobald die Planung konkreter wird, tritt er unweigerlich mit Schlüsselpersonen (und seien diese nur die Kollegen, welche mit nach Polen fahren) in Kontakt. Ausserdem muss er die Aktivitätsbausteine zeitlich und organisatorisch ordnen und aufeinander abstimmen. Von wann bis wann ist das Praktikum ausgeschrieben? Welches Interrailangebot passt am ehesten in meine Reisevorstellungen?

Schliesslich ist es soweit, die Ferien beginnen. Nun zeigt sich, ob der Studierende klug geplant hat. Klappt alles, wie er es sich vorgestellt hat? Kann er die erhofften Fachpersonen kennen lernen? Liegen die Strandferien tatsächlich in seinem Budget?

Die Semesterferien sind ein Projekt. Auf den Wunsch folgt die Idee, auf die Idee die Umsetzung. Der Studierende setzt sich mit sich selbst, seinen Chancen und Möglichkeiten auseinander. Er wird aus der Monotonie und dem Vorwärtszug des Alltags geworfen und mit Leere konfrontiert. Diese Leere ist ein Stückchen Zukunft, bei dem er die grosse Zukunft, also seinen Lebensentwurf, konkretisieren kann.

*Rebecca Knoth ist Studentin an der Uni Zürich. Sie hat soeben den Bachelor in Biologie und Neuerer Deutscher Literatur erworben und beginnt nun ein Masterstudium in Umweltwissenschaften.