Servan Grüninger (vorne, zweiter von links) und die Interessengemeinschaft Irchel.

«Die Studierenden wollen weniger Ideologie und mehr pragmatische Politik»

Servan Grüninger erklärt, warum seine IG Irchel die VSUZH-Wahlen gewonnen hat, was seine CVP-Mitgliedschaft mit Unipolitik zu tun hat und warum sich die IGI gegen die Geschlechterquote im VSUZH einsetzt.

17. Mai 2013

Servan Grüninger, gratuliere zum guten Wahlresultat der Interessengemeinschaft Irchel! Ihr habt bei eurer zweiten Wahl bereits die meisten Sitze im Rat gewonnen. Hast du das erwartet?

Erwartet habe ich es nicht. Aber wir wussten, dass noch viel Wählerpotential vorhanden ist. Auch am Standort Irchel. Die Mobilisierung klappte dort sehr gut.

Was habt ihr anders gemacht als die anderen. Warum habt ihr gewonnen?

Neben unseren Werbeplakaten waren wir von Montag bis Freitag auch physisch mit einem Stand präsent. Die Leute sahen uns in natura. Das hat uns viel geholfen. Zudem waren wir auch am Hauptgebäude präsent. In direkten Gesprächen mit den Leuten konnten wir viele überzeugen.

Ihr wart in der Debatte um die Wahlreglemente gegen gesamtuniversitäre Wahlkreise, aus verständlicher Angst, dass ihr als quasi Regionalpartei kleinere Chancen habt. Habt ihr eure Meinung nun geändert?

Nein, wir finden nach wie vor, dass gesamtuniversitäre Wahlen die kleinen Gruppen benachteiligen. Mit 37 Kandidierenden hatten wir aber die zweitgrösste Liste. Dass der FV Ökonomie zu wenig Kandidaten aufgestellt hat für seinen Stimmengewinn ist eine Ausnahme. Kleinparteien wie Move haben es immer noch sehr schwer.

Die Verlierer, etwa die kritische Politik (kriPo) und die Gruppe filo, gehen davon aus, dass die Studierenden der Philosophischen Fakultät schlicht nicht gewählt haben. Teilt ihr diese Einschätzung?

Es ist enorm schwierig das einzuschätzen. Es gibt kein Zahlen. Aber nur an der Stimmbeteiligung kann es nicht liegen. Schliesslich hat die Interessengemeinschaft Oerlikon auch auf Anhieb zehn Sitze gewonnen und die meisten Studierenden an diesem Standort sind von der Philosophischen Fakultät. Der Grund für den Stimmenverlust der traditionell starken Gruppen ist eher, dass es nun neue Konkurrenz gab. Wir stellen mit Agneta Braun zudem die Kandidierende mit dem gesamtuniversitär besten Resultat. (Nur Gabriel Maier von der Gruppe kriPo bekam mehr Stimmen, Anm. der Redaktion). Nur mit der Mobilisierung am Irchel schafft man das nicht.

Du bist im Vorstand der CVP Schaffhausen, dort auch Pressesprecher. Konntest du deine Erfahrung in den Uniwahlkampf einbringen?

Ja und nein. Wir haben es geschafft die Leute anzusprechen, da konnte ich von meiner Erfahrung profitieren. Aber nur wenige Themen des Stura/VSUZH gehen über die Uni hinaus. Mir ist es auch ein grosses Anliegen, Partei- und Unipolitik strikt zu trennen. Wir müssen uns um die Anliegen der Studierenden kümmern.

Ihr habt an der ersten Sitzung nach den Wahlen per Tischvorlage die Geschlechterquote (in Gremien ab zwei Personen müssen beide Geschlechter vertreten sein, In Gremien ab vier Personen, muss das untervertretene Geschlecht mindestens ein Drittel der Sitze bekommen) abschaffen wollen. Warum das?

Der Zeitpunkt hatte nichts mit den Wahlen zu tun. Wir haben das eingebracht, weil die Geschäftsordnung bereits traktandiert und dann besprochen wurde. Wir hätten auch während der Sitzung auf diesen Punkt eingehen können, ohne Tischvorlage. Wir finden eine Frauenquote falsch. Einerseits wurde sie immer wieder für taktische Spielchen missbraucht, andererseits muss man doch zuerst einmal herausfinden, warum weniger Frauen in die Ämter kommen, darum fordern wir eine studentische Gleichstellungskommission, wie sie die Uni schon kennt. Die meisten Fachvereine an der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät haben übrigens eine Frau im Präsidium. Das zeigt, dass es nicht generell unmöglich ist, eine ausgeglichen Geschlechtervertretung in universitären Organisation zu erreichen und dass es dazu auch keine Quoten braucht. Warum das im Stura/VSUZH nicht zu klappen scheint, soll in Zukunft die GSK herausfinden und dann Gegenmassnahmen einleiten.

Der StuRa hat schliesslich die Quote beibehalten. Wenn sich der neue Rat konstituiert hat, haben sich die Kräfteverhältnisse aber verschoben. Werdet ihr dann die Geschlechterquote abschaffen?

Wir brauchen für Reglementsänderungen eine Zweidrittelmehrheit. Es ist unklar, ob die zustande käme. Ganz abgesehen davon werden wir aber sicher den Beschluss des StuRa nicht einfach rückgängig machen. Das wäre undemokratisch.

Was sind eure nächsten Ziele, Projekte?

Wir bringen nun als ersten unser Projekt eines ASVZ-Relax-Raum am Irchel zu Ende. Wir sind noch auf der Suche nach Räumen. Dann sind sicher die Mikrowellen ein Thema. Hierzu sind wir mit der Mensabetreiberin im Gespräch. Zudem wollen wir am Irchel eine Studi-Bar einrichten.

Was sagst Du Studierenden, die nicht am Irchel sind. Was tut ihr für sie?

Im VSUZH-Rat sind alle Fakultäten gut vertreten. Es gibt also kein Grund zur Sorge, dass jemand zu kurz kommt. Der Standort Irchel wurde bisher vernachlässigt, nun ändern wir das. Unsere Anliegen wie längere Öffnungszeiten sind aber für alle relevant. Wir haben Erfahrungen in der direkten Interessenvertretung, die allen zugute kommen.

Gibt es ein konkretes Projekt, das auch andere Standorte betrifft?

Nein, aber wir hören allen zu und haben ein offenes Ohr für alle Anliegen.

Ihr positioniert euch als einzige studentische Gruppe im Wahlkampf fürs Rektorat. Ihr unterstützt euren Dekan Michael Hengartner. Warum?

Wir haben mit Herrn Hengartner sehr gut zusammengearbeitet und können deshalb dafür bürgen, dass er auf studentische Anliegen eingeht. Er ist ein ausgesprochen engagierter, fähiger und vielseitiger Mensch mit einem hervorragenden Leistungsausweis. Wir sehen deshalb eine Win-Win-Situation für die Studierenden und für die Uni.

Traut ihr Andrea Schencker-Wicki das Amt der Rektorin nicht zu?

Wir trauen es auch Andrea Schenker-Wicki zu, aber wir haben noch keine Erfahrungen mit ihr gemacht.

Was ziehst du aus der ersten Wahl in den Rat des VSUZH für ein Bilanz. Welches Signal sandten die Studis aus. Was wollen sie?

Für mich war es ein Zeichen, dass die Studierenden etwas neues wollen. Die traditionellen Gruppen müssen sich überlegen, wie sie weiter machen. Die Studierenden wollen weniger Ideologie und mehr pragmatische Politik.

Servan Grüninger studiert Biologie, Neuroinformatik und Jus im 8. Semester. Im Sommer macht er den Bachelor. Bevor er zu den Naturwissenschaften wechselte, studierte er ein Jahr lang Politikwissenschaften. Im Oktober 2011 gründete er zusammen mit anderen Studierenden des die Interessengemeinschaft Irchel.

Servan Grüninger ist seit seinem 16. Lebensjahr CVP-Mitglied und aktuell im Vorstand der Sektion Schaffhausen.