Züri-West sorgte mit ihrem Live-Auftritt für Abwechslung. PD

Die ZS an den Swiss Music Awards

Vergangenen Freitag wurden zum fünften Mal die Swiss Music Awards verleiht. Der Schiffbau ist so gut es ging zu einer glamourösen Location für die Schweizer Musikpreisverleihung verwandelt worden. Der rote Teppich, das riesige Medienaufgebot und die Live-Übertragung erwecken den Eindruck eines prunkvollen Anlasses. Doch letztendlich bleibt alles ziemlich familiär und bescheiden. Das passt in eine Schweiz, wo man den Promis auch auf der Strasse, ohne grossen Rummel begegnet.

5. März 2012

Die nominierten Musikschaffenden kommen gestaffelt über den Roten Teppich in der Schiffbauhalle an. Das Interesse an den nationalen und einigen wenigen internationalen Berühmtheiten ist vor allem auf dem roten Teppich gross. Einmal im Foyer der Halle angelangt, schlendern die Stars des Abends ungeachtet mit ihren Aperol Spritz umher. So bietet sich der ZS abgesehen vom Gedränge am roten Teppich noch die Gelegenheit, Geschichten aus den Nähkästchen der Musikkünstler zu erfahren.

«Ich bin kein kompetitiver Mensch.»

Der nominierte Rapper Phenomden hat vor der Preisverleihung noch seine Nonna besucht. Die aus seinen Liedern bekannte Grossmutter hat ihm eine «gute Pasta mit Spinat und Fisch» zubereitet – sein Lieblingsrezept aus Nonnas Küche. Der Zürcher Rapper schätzt seine Chance, gegen Stress zu bestehen, gering ein. «Ich bin kein kompetitiver Mensch. Natürlich würde es mich freuen zu gewinnen, aber es geht mir auch sonst gut.» Dodo, wie auch DJ Arts von Dabu Fantastic, nennen Phenomden spontan als ihren Favoriten. Dodo würde neben Phenomden auch Dabu Fantastic einen Sieg wünschen. Wie geht es dem Oberländer Dabu kurz vor der Entscheidung? «Gut, aber sehr nervös.» Die Mundartmusiker sehen in Boy jedoch eine starke Konkurrenz. Dabu bedeutet bereits die Nominierung enorm viel: «Wenn wir gegen Boy verlieren, ist das wie wenn der FC Wald gegen FC Bayern verliert», schätzt Dabu seine Chance auf einen Swiss Music Award ein. Anders sieht es bei den vier Brüdern von 77 Bombay Street aus: Sie sind in drei verschiedenen Kategorien nominiert. Schlagzeuger Esra Buchli glaubt und hofft, dass sie einen Award holen werden. «Alles was darüber ist, wäre extrem.»

Amateurhaft, aber sympathisch

Die Show selbst verläuft unspektakulär und wirkt etwas amateurhaft. Die Zuschauenden sitzen auf einfachen Stühlen, in den vordersten Reihen die Nominierten. Bereits in den ersten fünf Minuten leistet der Moderator Mario Toriani einen Versprecher. Das Moderationsteam Melanie Winiger und Mario Toriani wird nie ganz warm – sie fallen sich ins Wort und scheinen nie genau zu wissen, wer was sagen soll. Das Ganze wirkt sehr gestresst und angespannt, im Eiltempo führen sie durch den Abend. Die überwältigten Künstler nehmen ihre Awards entgegen und schwingen improvisierte und teils gefühlsgeladene Danksagungen. Es scheint der Schweizer Bescheidenheit nicht zuzukommen, prophylaktisch eine Rede zu formulieren, bevor ein Sieg gewiss ist. Gewinner der Kategorie «Best Album Dance National» DJ Antoine leistet sich einen peinlichen Patzer. Er möchte nun vermehrt «Social Network» betreiben und sich für diejenigen in der Welt einsetzen, denen es nicht so gut geht. «Social Network»? Da hat er wohl das falsche Wort erwischt. Und warum genau der Snowboard-Weltmeister und nicht sehr redegewandte Iouri Podladtchikov eine Laudatio haltet und den «Best Hit National Award» an 77 Bombay Street überreicht, ist fragwürdig.

«Schweizerisch und wunderschön.»

Alles wirkt sehr schweizerisch, aber irgendwie sympathisch. Auch die Trophäe, ein eingravierter Betonstein, passt ins Bild. Einfach, schlicht und überhaupt nicht prunkvoll, dafür umso schwerer. Andreas Vollenweider, der für sein bisheriges Schaffen mit einem «Outstandig Achievement Award» ausgezeichnet wurde, beschreibt den Stein so: «Sehr modern, passt in diese städtebauliche Ästhetik.» Er selbst wohne nicht so, «aber ich muss ja auch nicht im Stein wohnen.» Und Stress möchte mit seinen sechs bis anhin gewonnenen Awards gar ein Haus bauen. Dabu Fantastic, die sich schliesslich doch gegen Boy durchsetzen konnten und den «Best Talent Award» mit nach Hause nehmen, meinen zum Stein: «So schweizerisch und darum so wunderschön.»

Für grosse Überraschung am Abend sorgen die vier Brüder von 77 Bombay Street: Gleich zwei Awards heimsen sie ein. Nach Hause tragen muss der Manager die schweren Steine, sagen sie und lachen. Aber jetzt wird erst einmal gefeiert. Und darin sind sich alle Gewinnenden einig.