Er darf nicht mehr nachschöpfen. Samuel Nussbaum

Nachschöpfen verboten!

Auch wer kräftig Kohldampf hat, muss sich künftig in den Mensen mit einer Portion begnügen. Da steckt doch das Zürcher Gesundheitsamt dahinter.

2. März 2010

«Bremsen Sie Ihr Übergewicht aus. Nehmen Sie das nächste Mal das Velo», «Die Bevölkerung des Kantons Zürich nimmt zu. Auch in Kilos» oder «Dicke Post von den Statistikern: Knapp ein Drittel der Zürcher hat Übergewicht». Solche Sprüche hängen seit geraumer Zeit in der Stadt und machen mir das Leben schwer. Grad jetzt zum Jahresbeginn nerven diese Ermahnungen zum gesundheitsbewussten Leben einfach nur. Jetzt, wo die Disziplin, die Vorsätze vom Jahresbeginn einzuhalten, schon langsam flöten geht.

Gute Vorsätze fürs neue Jahr fasse ich schon lange nicht mehr. Völlig zu Recht, denn: Im Januar werden unzählige Abos für Fitnessstudio gekauft und schon im Februar geht niemand mehr hin. Also lasse ich es gleich bleiben. Dennoch kann ich nicht ungestört den meinem Naturell entsprechenden, durch und durch ungesunden Lebensstil pflegen. Grund dafür? In der Mensa darf nicht mehr nachgeschöpft werden!

Also DAS geht nun definitiv zu weit: Will der Kanton uns Studierende durch das Nachschöpfverbot schlank halten? Greift der Gesundheitswahn schon so weit um sich? Wahrscheinlich haben die Gesundheitsbeamten des Kantons Zürich mit den Mensamitarbeitenden lange Verhöre geführt und dabei spitz gekriegt, wie wir Studierenden uns vollfressen: Mittags für ein Menü 5.40 bezahlen und ordentlich Nachschlag holen, damit wir nachmittags nicht schon wieder Geld ausgeben müssen für den Zvieri. Wir befinden uns ja durchs ganze Jahr in einem konstanten Januarloch. Und was ist mit dem Salatbuffet der Mensa? Wird dies nicht Jahr für Jahr grösser? Es drängt sich förmlich auf. Mit seiner starken Präsenz scheint es «Iss Salat! Iss Salat!» zu schreien. Ich wette, die Pastastation fristet ein ungern gesehenes Dasein und auch die von den Mensa-Köchen und -Köchinnen fettreich zubereiteten und für alle Gerichte verwendeten Saucen werden bald verschwunden sein. Gedünstetes Gemüse, Tofu und ungesüsster Tee erwartet uns als Tagesmenü.

Plötzlich sehe ich weitere Zusammenhänge: Das schleierhafte ASVZ-Angebot gehört vermutlich auch zur Strategie, Studierende nicht ihrem natürlichen Hang zum Ungesunden zu überlassen. Habt ihr schon mal darauf geachtet, wer im Kondi oder gar Super-Kondi zu finden ist? Ein grosser Teil der hüpfenden Masse sind nicht Studis, sondern Hörer oder Ehemalige – wenn überhaupt.

Wir müssen uns vorsehen, denn vielleicht verschwindet bald das Polybähnli und wir werden gezwungen, uns den Berg zur Uni hinauf zu schleppen. Die Rechner der Gesundheitsbehörde laufen wahrscheinlich schon auf Hochtouren, während sie den Kalorienverbrauch eines solchen täglichen Bergmarsches errechnen. Grässlich.