Lounge 102
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Es gibt Bekanntschaften, die nur flüchtig sind. Es gibt solche, die ein paar Jahre halten. Aber es gibt auch Bekanntschaften, die gehen nicht vergessen. Die, wären sie unter anderen Bedingungen geschlossen worden, vielleicht völlig ordinär wirkten. Aber manchmal, unter einem ganz bestimmten Konglomerat von Zuständen, da werden Bekanntschaften geknüpft, welche die Seele berühren und nicht mehr loslassen. Meine mit Lounge 102 ist so eine.
Wir waren in Istanbul, ziellos, planlos, getrieben vom Drang, für eine Woche unseren gehetzten europäischen Tagen zu entfliehen. Wir schliefen bei Baran, dem Türken mit langem Bart, der ein wenig wie Jesus aussah, und seiner mörderischen Katze. Wir glichen unsere Leben seinem an. Wir schliefen dauernd, rauchten uns die Birne voll und tranken Rotwein und Efes, das türkische Bier. Dazu assen wir XXL-Toblerone. Die Tage verloren Struktur und Zeit. Mitten in diesem einzigartigen Ambiente, in perfekter Symbiose mit Zigarretten, Rotwein, Übernächtigung und Grübeleien über unser Dasein, säuselte leise Lounge 102 durch den Raum und übermalte die Szenerie in den wunderbarsten Farbtönen. Dieser Sound war die letzte, fehlende Ingredienz zum Zaubertrank von Istanbul. Auf Lounge 102 wird selten ein Wort gesprochen. Die Musik ist Jazz, Funk, Soul, Ambient, Chill-Out, Dub, Trip Hop, House, Bossa Nova, Latin, Space Age und Exotica. Lounge 102 ist die Hintergrundmusik meines Lebens geworden. Jedes Mal, wenn türkische Werbung die dahinplätschernde Musik unterbricht, dann tauchen all diese Bilder aus der Stadt am Bosporus wieder auf. Die grausame Katze. Die spätnächtlichen Regenschauer. Schlaflosigkeit in Istanbul. Lounge 102 ist eine Bekanntschaft, die mich nie mehr losgelassen hat.