Im Zentrum von Marrakech treffen sich Gaukler, Schlangenbeschwörer und Künstler aller Art. Wikimedia Commons

Brief aus Marrakech

Qualmende Schlote unter einer Eisschicht statt Sandstrand unter dem Sternenhimmel. Wer als Fan seinem Sportverein nachreist, kann einiges erleben.

14. Februar 2009

Wir reisten in die Winterferien. Nach Marrakech. Wie sich das gehört, liessen wir uns von den gastfreundlichen Einheimischen ordentlich über den Tisch ziehen.

Zum Beispiel so: Gleich nach der abendlichen Ankunft erkundeten wir, Karikaturen von ahnungslosen Touristen, mit Backpacker-Rucksack und glotzenden Augen den Djemaa el Fna, den grossen Platz, wo sich die halbe Stadt tummelt und um Feuerspucker und Schlangenbeschwörer drängt. Ein greiser Gaukler nahm uns ins Visier und steuerte breiten Grinsens zielsicher auf uns zu. Bevor wir kapierten wie uns geschah, sassen wir auch schon konsterniert auf dreckigen Kartonlagen um seine armselige Gaslampe herum, und fragten uns, was kommen würde. Ringsum sammelte sich eine Schar Einheimische. Sie lachten schadenfreudig. Sie wussten was kommen würde.

Der Alte begann mit der Show. Erst klampfte er an einer dumpf klingenden Ukulele, dann führte er mit einer Kippe Tricks vor, die auch das Publikum eines Kleinkinderzirkus durchschaut hätte. Damit war der gastfreundliche Teil vorbei. Jetzt wollte er Cash sehen. Wir fingerten in den Taschen herum und stellten mit Schrecken fest: Nur grosse Noten. Ratlose Blicke, peinliche Stille. Dann: «No money, sorry.» Der Alte verzog das Grinsen zur grimmigen Grimasse, kehrte uns den Rücken zu und stiess arabische Flüche in die Nacht. Die Menge um uns wurde still und uns wurde mulmig. Er starrte wütend in den Himmel. Einige Minuten sassen wir wie auf Kohlen und wussten uns nicht zu helfen, bis einer von uns beim Teehändler Kleingeld eintauschte. Schliesslich steckten wir dem Alten missmutig 20 Dirham zu, verfluchten ihn und verliessen den Schauplatz der Komödie.