Ein Raum für Alle

Das UMBO unter der Lupe: unkommerziell, alternativ und experimentell

Ursin Künzi (Text und Foto)
9. Mai 2025

Nur wenige Schritte von der Limmat, direkt an der Wasserwerkstrasse, neben der Kornhausbrücke, lächelt mich ein eisernes Tor an. Dahinter, ebenfalls lächelnd, stapft ein Seci mit Kippe im Mundwinkel hin und her. 15 Franken ärmer und einen Blumenstempel reicher, lasse ich mir von ihm das Awareness-Konzept des «Umbo» erklären. Er wünscht mir einen guten Abend. Nach dem etwa 50 Meter langen Weg die Strasse hinunter, vorbei am Aussenbereich und den umstehenden Raucher*innen, stehe ich im Klub. Vor mir erstreckt sich eine kleine Bartheke mit dahinterliegender Tanzfläche und DJ-Pult. Trotz der kleinen Fläche gibt es genug Platz, um zu den Klängen der Funktion-One-Anlage zu tanzen.                                                

Ein paar Tage später betrete ich das Klublokal wieder. Dieses Mal, um mit Stefan übers Umbo zu sprechen. Der hauptberufliche Architekt ist Teil des dreiköpfigen Vorstandes der Betriebsgruppe und erzählt mir, wie alles angefangen hat.

Das Umbo existiert bereits seit rund 12 Jahren. Damals startete eine Gruppe die Veranstaltungsreihe «Elektrik Klubi», welche regelmässig im Helsinki stattfand. Als das «Paradiso» den Bahnwagen über dem Umbo übernahm, stand bereits die Idee, den Keller zum Klub umzufunktionieren. Ein benachbarter Klub wollte den Raum nicht übernehmen, da er nicht kommerziell betrieben werden könne. Dementsprechend zog das Kollektiv in den «Röhrenweg» ein und führte den Klub unkommerziell.

Die Gründungsmitglieder des Umbo, damals noch Klubi genannt, sind noch vereinzelt im Verein, halten sich aber heute im Hintergrund. Mittlerweile leitet eine neue Generation das Umbo. Das bringe auch gewisse Vorteile mit sich: «Dadurch, dass wir nicht die Urheber sind, können wir Dinge freier verändern und so Platz für Neues schaffen.»

Vor rund 11 Jahren arbeitete Stefan bereits im Klubi an der Bar – mit der Zeit wurde er ein fester Bestandteil des Teams. «Als ich neu in Zürich angekommen bin, hat sich das Umbo für mich zu einem kleinen Wohnzimmer entwickelt», erzählt er. Als sich dann über Corona das Team neu formierte, wurde er gefragt, ob er gerne mehr als den Barbetrieb machen würde – und sagte zu. «Ich fand die Herangehensweise des Teams spannend und hatte auch selbst den Anspruch, eine alternative Klubkultur zu ermöglichen.» Ferner findet er: «Musik soll kostengünstig angeboten werden, um Platz für alle zu schaffen.»

Von 23- bis 42-Jährigen sind alle Altersgruppen im Kollektiv vertreten. Stefan beschreibt die Zusammenarbeit im Team als «ziemlich harmonisch»: «Es gibt niemanden, der den Ton angibt, aber vielleicht einige mit Erfahrung, die sprechen». Das hätte jedoch auch oft damit zu tun, dass das Wissen erst innerhalb des Kollektivs verteilt werden müsse.

Eine Herausforderung sieht Stefan in der Freiwilligenarbeit: «Es ist schwierig Arbeit einzufordern, ohne eine Hierarchie zu erzwingen. Gleichzeitig ist es umso schwieriger, wenn die Arbeit nicht erledigt wird.» Auf die Frage, wie viel Zeit er für das Umbo aufwendet, lacht er nur und zählt auf, welche Aufgaben derzeit anstehen: «Das Programm planen, Künstler*innen, Veranstaltende und Helfende anschreiben, aber auch aufstellen, aufräumen und putzen gehören dazu. Gleichzeitig müssen die Website und der Newsletter aktuell gehalten und eine Übersicht über die Finanzen behalten werden». Grundsätzlich könne man sich im Kollektiv je nach Kapazität aber auch mal zurücknehmen. So tun es beispielsweise die Studierenden unter ihnen während der Prüfungsphase. Als Mitglied im Vorstand sei das aber schwieriger, da man dann auch mehr Verantwortung trage.

Im Gespräch betont Stefan wiederholt die Vision des Umbo: «Wir möchten einen Raum bieten für Acts, die einen nicht angepassten Weg gehen wollen.» Gleichzeitig soll ein Mix zwischen etablierten und neuen Künstler*innen geschaffen werden. Mit Blick auf die Zukunft meint Stefan: «Wir wollen weiterhin nach dem Neuen suchen, auch Eckiges zulassen.»

Das Umbo sei zu einer Zeit gegründet worden, in der viele alternative Kulturräume wegfielen. «Heute spürt man aber, dass wir nicht mehr die Alternative sind, sondern die Alternative zum Standard geworden ist», sagt Stefan. Die Gruppe, die die Alternative suche, werde immer grösser, verteile sich aber auch auf verschiedene Orte. Im Moment gäbe es viele ähnliche Kulturräume wie das Umbo. Das sei einerseits gut, um Raum abseits des Kommerz zu schaffen. Andererseits könne es die Klubs untereinander auch ausbremsen, findet Stefan.

Eine andere Schwierigkeit sieht Stefan in der Finanzierung. Da Partys meist mehr einnehmen als Konzerte, müssen diese oft «querfinanziert» werden. Es gibt im Umbo auch Veranstaltungsreihen, wie den Bar Abend «DJ Stammtisch», bei denen kein Eintritt verlangt werden. Gleichzeitig würden ständig Dinge um einen herum kaputt gehen: «Wir hatten gerade den Kühlschrank und verschiedene Dinge an der Bar ersetzt, als die Technik zu Bruch ging.» Die Querfinanzierung hat jedoch nicht zum Ausgleich geführt, weshalb das Umbo Verlust erwirtschaftete.

Der Klub operiert weitgehend unabhängig – einzelne Veranstaltungsreihen werden mit Unterstützung des Popkredits durchgeführt. Dieser wird von der Stadt zur Finanzierung bestimmter Veranstaltungen genehmigt. Eine solche Anfrage geschieht im Umbo meist auf Initiative der Veranstalter*innen. «Es gibt verschiedene Töpfe, die wir noch nicht angerührt haben», meint Stefan. Das sei zwar geplant, doch auch hier würden sich die begrenzten zeitlichen Möglichkeiten der Freiwilligenarbeit bemerkbar machen.

Trotz der angespannten finanziellen Lage denkt Stefan zuversichtlich über die Zukunft des Umbo. «Ich würde sagen, jetzt geht es gerade wieder in eine gute Richtung». Es seien viele neue Veranstaltungen geplant, darunter Workshops, Lesungen oder auch der Stammtisch.

Am Schluss legt mir Stefan noch die «Carte Blanche»-Konzertreihe im Mai und Juni ans Herz. Diese ist Teil eines grösseren Dokumentationsprojekts, dass durch die Förderung eines Popkredits ermöglicht wurde. Begleitet vom Team des Umbo, thematisieren 14 Zürcher Musiker*innen die Rahmenbedingungen des «experimentellen Musikschaffens» in der Stadt. Ende Jahr soll eine Publikation erscheinen – die Konzertreihe soll den Fokus aber auf das Wesentliche setzen: die Musik.